Sächsische Zeitung, 22.02.2008
De Maizière lehnt Verantwortung für riskante Bankgeschäfte ab
Der frühere sächsische Finanzminister sieht keine Mitschuld am Zusammenbruch der Landesbank.
Hinterher ist man immer schlauer.“ Der Satz klingt vertraut. Und er fällt seit einigen Monaten häufiger im Untersuchungsausschuss des Landtags zur Landesbank. Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) machte da gestern keine Ausnahme.
Und auch das sinngemäße Fazit des 54-Jährigen fiel ähnlich aus wie das vieler seiner Vorgänger im Zeugenstand: Zu seiner Zeit sei noch alles in Ordnung gewesen mit der Landesbank. „Die Geschäfte in Dublin waren zu meiner Zeit erfolgreich, beherrschbar und nicht riskant“, verteidigte De Maizière den Aufbau der Bank Sachsen-LB Europe in Irland, die noch sein Amtsvorgänger, der heutige Regierungschef Georg Milbradt (CDU) im Herbst 1999 mit ins Leben gerufen hatte. Im Herbst 2007 hatten die Milliarden-Risiken in Dublin fast die Landesbank in die Pleite geführt. Es kam zum Notverkauf. „Der Umgang mit Dublin, das Maß der Geschäfte, das war später das Risiko.“ Eben nach seiner Amtszeit, so de Maizière.
Nur knapp 15 Monate lang hatte er 2001 bis April 2002 die Finanzgeschicke des Freistaats geleitet. Sein Amtsvorgänger, Georg Milbradt, war damals unsanft von Ex-Regierungschef Kurt Biedenkopf (CDU) geschasst worden worden.
Neue Strategie der Bank
Zuvor hatte Milbradt noch mit dem damaligen Landesbank-Vorstand die Weichen für die Neuausrichtung der Bank gestellt – weg vom Kreditgeschäft, das auf Dauer das Eigenkapital der Landesbank aufgezehrt hätte, hin zu riskanteren, aber eben ergiebigeren Geschäften auf dem internationalen Finanzmarkt. Ein „unvermeidlicher“ Schritt, verteidigte de Maizière diese Entscheidung. Es habe „keine Alternative“ gegeben. Alle Landesbanken hätten vor einer ähnlichen Herausforderungen gestanden.
Geduldig und freundlich, die Armbanduhr vor sich auf dem Tisch, zeichnete De Maizière den Abgeordneten das damalige Dilemma der einzigen, ostdeutschen Landesbank wieder und wieder nach: Der sächsische Markt sei einfach zu klein gewesen, der außersächsische Markt via Kreditgeschäft einfach zu kapitalzehrend; und zudem nahte der Wegfall der Gewährträgerhaftung. An einen Verkauf der Landesbank habe damals keiner gedacht – und potenzielle Käufer hätten ohnehin nicht Schlange gestanden.
Aufbau von Dublin
Statt dessen suchten Politik und Bank-Management gemeinsam den Ausweg in ihrer Irland-Tochter: „Dublin war keine Belastung, sondern eine Bereicherung“, bekräftigte de Maizière gestern mehrmals. Unter den Anteilseignern der Bank hätten damals vor allem die Landräte mit ihren Sparkassen auf höhere Ausschüttungen gedrängt. Und das Geld aus Dublin sei geflossen.
Versagen der Kontrolle
Dennoch hatte es immer wieder Warnungen von der Bank-Aufsicht gegeben – nicht erst 2005, sondern wie erst gestern bekannt wurde, offenbar bereits im Startjahr 2000 der Dubliner Tochter. Das aber wäre noch während der Amtszeit von Georg Milbradt als Finanzminister gewesen.
Kritik am Bankvorstand
Manches hätte er sich „professioneller vorgestellt“, merkte de Maizière kritisch zur damaligen Arbeit der Landesbank-Vorstände an. Vorstandschef Michael Weiss habe sich „nicht gern kontrollieren“ lassen, erinnerte sich de Maizière. Vergeblich habe er versucht, die damalige bankinterne Liaison zwischen Weiss und Personalchefin Andrea Braun zu entflechten, um den Betriebsfrieden wieder herzustellen. Weiss habe er vor dessen Vertragsverlängerung drei „Erwartungen“ mitgeteilt: Dass Frau Braun die Bank verlasse, dass Weiss einen anderen Führungsstil pflege und auch besser mit den Sparkassen umgehe. Dass er sich in der Sache Braun nicht habe durchsetzen können, habe er viel später erfahren.
Fazit: Für de Maizière dürfte dies der letzte Auftritt in Sachen Landesbank gewesen sein. Selbst die Opposition im Ausschuss schien den Ex-Minister gestern möglichst schnell „durchwinken“ zu wollen. Dafür wird nun mit Spannung erwartet, wenn Georg Milbradt Ende März in den Zeugenstand tritt.
Von Annette Binninger