Agenturen dpa, 15:13 Uhr, 06.04.2008
Ministerpräsident wegen Landesbank weiter in der Kritik
Dresden (dpa/sn) - Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) steht wegen seines Engagements bei der inzwischen verkauften Landesbank erneut in der Kritik. Er hat nach bestätigten Informationen des Magazins «Der Spiegel» (Samstag) zu seiner Zeit als Finanzminister ein privates Fondsgeschäft teilweise mit einem Kredit der Landesbank finanziert. Koalitionspartner SPD verlangte eine persönliche Erklärung des Regierungschefs. Die Opposition machte vor allem moralische Bedenken geltend. Linke und Grüne forderten Milbradt zum Rücktritt auf.
CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer sprach am Sonntag von einer gezielten Kampagne gegen den Regierungschef. «Das zielt auf eine Rufschädigung», sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa. Koalitionspartner SPD beharrt weiter auf einer persönlichen Erklärung Milbradts. «Er sollte sich dafür nicht all zulange Zeit lassen», sagte SPD-Generalsekretär Dirk Panter der dpa. «Milbradt hat über seinen Regierungssprecher alles erklärt, was zu erklären ist», konterte Kretschmer am Nachmittag.
Laut Staatskanzlei haben hunderte andere Anleger wie Milbradt ein Geschäft bei der Landesbank getätigt. Milbradt seien dabei keine Sonderkonditionen eingeräumt worden, es sei kein Insidergeschäft gewesen. «Es ist absolut unfassbar, wie einzelne versuchen, dem Ministerpräsidenten in Sachen Sachsen LB etwas anzuhängen», sagte Regierungssprecher Peter Zimmermann. Alle Informationen zu dem Fonds seien zugänglich und transparent gewesen. Der Fonds sei so angelegt gewesen, dass ein Teil des gezeichneten Eigenkapitals über einen Kredit der Sachsen LB refinanziert werden musste.
Laut «Spiegel» beteiligte sich Milbradt mit rund 50 000 Euro an dem geschlossenen Immobilienfonds, mit dem 1996 der 88 Millionen Euro teure Neubau der Landesbank in Leipzig finanziert wurde. Eine Mietgarantie habe die im Fondsprospekt mit 9,3 Prozent angegebene Rendite gesichert.
Der Chef der Linksfraktion, André Hahn, sprach von einem «klassischen Insidergeschäft zum Zweck der persönlichen Bereicherung». Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau erklärte: «Diesem Politiker fehlt offenbar der Instinkt dafür, dass das, was nicht ausdrücklich verboten ist, für einen Politiker noch lange nicht erlaubt ist.» FDP-Fraktionschef Holger Zastrow sagte: «Von einem Ministerpräsidenten ist zu erwarten, dass er moralisch vollkommen integer und unangreifbar agiert. Ich bezweifle inzwischen stark, dass dies für Milbradt noch zutrifft.»
Zwar sei Milbradt damals Chef des Verwaltungsrates und des Kreditausschusses der Bank gewesen, doch die Rechtsaufsicht habe seinem Staatssekretär oblegen, so die Staatskanzlei. Er habe sich zudem vorsorglich sein Engagement von den Gremien der Bank genehmigen lassen. «Aus diesem Grund gibt es weder aus damaliger noch aus heutiger Sicht irgendein Problem mit diesem Engagement. Im Gegenteil: Es ist sogar gut, dass der Ministerpräsident auch sein persönliches Geld hier bei uns im Freistaat Sachsen und nicht in anderen Bundesländern anlegt», erklärte der Regierungssprecher.
Der SPD-Obmann im Banken-Untersuchungsausschuss,
Karl Nolle, zweifelte an, dass der Fonds tatsächlich vollkommen transparent war. Bisherige Anfragen dazu seien nicht beantwortet worden. Er werde weitere Fragen stellen, etwa nach anderen möglicherweise prominenten Anlegern. Auch die FDP will laut Zastrow mit neuen Anfragen an die Staatsregierung Details einfordern.
Die unter Milbradt gegründete Landesbank war Ende 2007 nach Spekulationen auf dem ins Trudeln geratenen US-Hypothekenmarkt eilig verkauft worden, um Milliardenverluste zu vermeiden. Milbradt steht seither in der Kritik. Im Untersuchungsausschuss des Landtags hatte er vor wenigen Tagen die Übernahme politischer Verantwortung für das Bank-Desaster abgelehnt. Milbradt war von November 1990 bis Februar 2001 Finanzminister, seit 2002 ist er Ministerpräsident.
dpa st yysn z2 bh
061513 Apr 08