Freie Presse Chemnitz, Seite 1, 07.04.2008
Milbradt wegen lukrativer Geldanlage unter Druck
Grüne und Linke fordern Rücktritt — SPD: Zweifelhaftes Geschäft mit der Sachsen-LB .
Dresden. Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) ist am Wochenende wegen eines privaten Geldgeschäfts von 1996 unter Druck geraten. Er hatte sich damals über einen Immobilienfonds mit 50.000 Euro am Neubau der Sachsen-LB und der Sparkasse Leipzig beteiligt. Dieses Engagement hatte Milbradt bereits am Dienstag als Zeuge im Sachsen-LB-Untersuchungsausschuss bestätigt.
Milbradt, der bis zum Jahr 2000 Finanzminister des Freistaates war, hatte das Geld bei der Sachsen-LB geliehen, die er als Verwaltungsratschef kontrollierte. Nach Auffassung der Staatskanzlei bestand aber weder damals noch heute ein Interessenkonflikt. Die Rechtsaufsicht sei schon vor der Fondszeichnung einem Staatssekretär zugeordnet worden. Den Fonds hätten die Sparkassen breit beworben, und der Kredit gehörte zur Konstruktion des Geschäfts. Milbradt habe keine Sonderkonditionen erhalten. Mit den bei Anlegern gesammelten knapp 37 Millionen Euro finanzierte der Fonds einen Teil der Kosten für die Errichtung eines Hochhauses am „Löhr's-Carre in Leipzig. Langfristige Mietverträge mit Sparkasse und Landesbank sicherten den Anlegern eine Rendite von 9,3 Prozent.
Linksfraktionschef Andre Hahn sprach von einem „klassischen Insidergeschäft zum Zweck der persönlichen Bereicherung". Ebenso wie Antje Hermenau (Grüne) forderte er Milbradts Rücktritt. „Sollten sich die Vorwürfe bestätigen", meinte FDP-Chef Holger Zastrow, „hätten wir einen neuerlichen Tiefpunkt politischer Moral in Sachsen erreicht". „Alle Informationen waren transparent und für jedermann zugänglich", betonte dagegen Regierungssprecher Peter Zimmermann. Milbradt habe sich „rein vorsorglich" sein Engagement von den Gremien der Bank genehmigen lassen.
Auslöser der Debatte war der SPD-Landtagsabgeordnete
Karl Nolle, dessen frühere Fragen zu Milbradts privatem finanziellem Engagement unbeantwortet geblieben waren. SPD-Generalsekretär Dirk Panter sprach von einem rechtlich einwandfreien Geschäft, dessen moralische Qualität aber zweifelhaft sei. CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer warf Nolle Dreckschleuderei mit dem Ziel vor, dass beim Wähler doch etwas hängen bleibe, selbst wenn die Vorwürfe unberechtigt seien.
VON HUBERT KEMPER