DNN/LVZ, Seite 1, 11.04.2008
CDU und SPD im Bund für Koalitionserhalt in Sachsen
Pofalla rät von Bruch ab / Jurk und Milbradt versuchen Schadensbegrenzung
B e r l i n / D r e s d e n (DW/J. K./I. P.). Die Krise der Sachsen-Koalition aus CDU und SPD hat jetzt auch die Bundesparteien auf den Plan gerufen. Parallel zu den wechselseitigen Ultimaten im Freistaat wegen strittiger Bankkredite und laufender parlamentarischer Untersuchungsdebatten baten die Bundes-Spitzen ihre Landesparteien um Durchhaltewillen.
Die SPD teilte nach Informationen der Leipziger Volkszeitung durch verschiedene Bundesminister und ihren Führungsapparat den Sachsen-Genossen intern mit, sie sollten einen Koalitionsbruch vermeiden. Ganz offen rief für die CDU Generalsekretär Ronald Pofalla, ein enger Vertrauter von Kanzlerin Angela Merkel, zum Erhalt der kriselnden Dresdner Koalition auf. „Wir wollen, dass die erfolgreiche Arbeit von Ministerpräsident Milbradt in der großen Koalition in den verbleibenden 16 Monaten weiter für Sachsen fortgesetzt wird“, sagte er der LVZ nach einem Gespräch mit seinem sächsischen Amtskollegen Michael Kretschmer. Pofalla weiter: „Ich werde alles dafür tun, dass diese große Koalition in Sachsen die Möglichkeit erhält, ihre sehr gute Arbeit fortzusetzen.“
Angesprochen auf vorgezogene Neuwahlen oder andere Koalitionsspekulationen meinte er: „Über denkbare Alternativen hypothetischer Art mache ich mir keine Gedanken.“ Das Treffen mit Kretschmer sei im Übrigen „völlig normal“ angesichts der jetzigen Situation in Sachsen und der bekannt freundschaftlichen Zusammenarbeit beider.
Christoph Matschie, SPD-Präsidiumsmitglied aus Thüringen, erneuerte dagegen die persönlichen Vorwürfe gegen den Dresdner Ministerpräsidenten. „Das Problem der Koalition in Sachsen heißt Georg Milbradt. Der Ministerpräsident schlittert von einem Skandal in den nächsten. Dieses Problem kann nur die CDU selbst lösen, nicht die SPD.“
In Dresden bemühten sich gestern sowohl Ministerpräsident Milbradt als auch SPD-Landeschef Thomas Jurk um Schadensbegrenzung. Jurk wies zwar das CDU-Ultimatum für ein klares Bekenntnis zur Koalition als unnötig zurück. Er sagte aber weiter: „Die sächsische SPD hat die Regierungskoalition nicht infrage gestellt.“ Wer wirklich die Interessen des Freistaates im Blick habe, „der kann nicht ernsthaft mit dem Bruch dieser Koalition spielen“, so Jurk. Auch Sachsens CDU signalisierte Entgegenkommen. Ein Ultimatum an die SPD wurde bestritten, die Forderung nach einem Bekenntnis zur Koalition sei überinterpretiert worden, erklärte Regierungssprecher Peter Zimmermann. Milbradt sagte, er gehe davon aus, dass sich alle Beteiligten ihrer Verantwortung für das Land bewusst seien.