Karl Nolle, MdL

"Neue Chance für die Koalition"

 
Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle gilt seit Jahren als der schärfste Kritiker von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU). Er war es auch, der die privaten Geldgeschäfte der Familie Milbradt mit der Sachsen-LB öffentlich machte. Udo Lindner sprach mit ihm über den angekündigten Rücktritt des Ministerpräsidenten.

Freie Presse: Feiern Sie den Rücktritt von Georg Milbradt als persönlichen Erfolg?

Karl Nolle: Meine Aufgabe als Mitglied des Untersuchungsausschusses ist es, Fragen zu stellen. Das habe ich bei Biedenkopf so gemacht, und bei Milbradt jetzt wieder. Wenn das letztendlich zu Rücktritten führt, ist das im Sinne der parlamentarischen Kontrolle nur gut. Von Erfolg oder Genugtuung würde ich da überhaupt nicht sprechen.

Freie Presse: Hat der Ministerpräsident aus Ihrer Sicht zu lange an seinem Stuhl geklebt?

Nolle: Er hätte diesen Schritt schon eher gehen können. Dafür hätte er aber früher erkennen müssen, dass er für die jetzige Situation ein gehöriges Stück Verantwortung trägt. Verantwortung kann man immer nur konkret wahrnehmen. Das hat er jetzt getan. Und das ist gut.

Freie Presse: Ist der Rücktritt das Ende der CDU-SPD-Koalition in Sachsen?

Nolle: Im Gegenteil, die Koalition hat jetzt eine gute Chance, zu einer vernünftigen Arbeit zurückzufinden. Und vor allem gibt es die Chance, in der Koalition partnerschaftlicher zusammenzuarbeiten. In einer Koalition braucht man einen Moderator und keinen, der immer als einzelner die Dinge durchzieht.

Freie Presse: Sehen Sie im künftigen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich einen solchen Moderator?

Nolle: Diese Hoffnung habe ich. Eine Koalition ist keine Mehrheits- und Minderheitsveranstaltung, sondern lebt durch Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

Freie Presse: Von vorgezogenen Neuwahlen halten Sie also nichts?

Nolle: Dazu gibt es gar keinen Anlass. Wir haben eher Veranlassung zu zeigen, dass CDU und SPD zu einer sachorientierten Zusammenarbeit in der Lage sind.