Freie Presse Chemnitz, 02.04.2008
Paradoxe Union - Während die CDU über ihn lamentiert, punktet Milbradt
Kommentar von Hubert Kemper
Vielleicht war dieser Auftritt ein Beweis dafür, dass Georg Milbradt in der Bevölkerung besser ankommt als viele seiner Parteifreunde wahrhaben wollen. Das zweitägige Frage-Bombardement im Untersuchungsausschuss zur Landesbank meisterte er souverän. Die Opposition wollte den Ministerpräsidenten als Verantwortlichen für das Bankdebakel an den Pranger stellen. Stattdessen geht dieser gestärkt aus dem Marathon hervor.
In einer Zeit, in der auch die Politik zunehmend von alerten, kameragerechten Gesichtern bestimmt wird, gilt Milbradt als Fossil. Er redet anderen nicht nach dem Mund und ist deswegen so unbequem, weil er meist mehr weiß als seine Gesprächspartner. Kompetenz und Besserwisserei reizen seine Kontrahenten. Auch deswegen dehnten sie die Kraftprobe um die Beantwortung der Schuldfrage beim Untergang der Landesbank auf zwei Tage aus.
Den Beweis, dass er als Ministerpräsident Kenntnis von der existenzgefährdenden Risiko-Aufblähung der Dubliner Geldjongleure hatte, konnte die Befragung nicht erbringen. Stattdessen nutzte Milbradt die Chance, erneut auf die Verantwortlichen zu verweisen, die in der Bank als Handelnde und in den Gremien der Kontrollierenden das Unheil vor ihm hätten ah-
nen müssen. An ihm haften bleibt der Verdacht, mehr gewusst zu haben als er einräumt. Doch gleichzeitig gelang es ihm, sich als Retter in der Not darzustellen.
Führungskraft und Machtwille sind Eigenschaften, die in der politischen Szene ebenso rar geworden sind wie Ecken und Kanten bei den Machern. An Milbradt bleibt der Makel haften, dass der Haushalt auf unabsehbare Zeit mit Bürgschaftsrisiken von 2,75 Milliarden Euro belastet sein wird. Diese Verwundungen können ihn dennoch nicht zu Fall bringen. Im Gegenteil: So lange kein Rivale in Sicht ist, gilt er als Hort der Stabilität und als Macher, der auch im Sturm den Kurs gehalten und den rettenden Hafen erreicht hat.
Die sächsische CDU hat trotz oder wegen Milbradt Zustimmungswerte, um die sie die Bundespartei, erst recht die anderen ostdeutschen Landesverbände beneiden. Seine Kritiker blenden das gern aus. Alternativlos lamentieren sie über eine tief sitzende Unzufriedenheit.
Nach seinem Etappensieg im Ausschuss steuert Milbradt auf die nächste Bewährungsprobe zu. Das sind die Kommunalwahlen im Juni. Eine Kraftprobe mit dem Koalitionspartner wird er zuvor sicher nicht wagen. So sehr es ihn reizen würde. Denn die SPD machte ihm das Leben im Ausschuss zwei Tage lang zur Hölle.