Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 24.05.2008

"Irgendwann ist die Grenze der Leidensfähigkeit erricht."

Sachsens scheidender Ministerpräsident Georg Mibradt(CDU) über die richtige Dramaturgie des Führungswechsels, seine Regierungsbilanz und die Kraft des Freistaates
 
Dresden. So Aufsehen erregend seine Premiere als Ministerpräsident war, so ungewöhnlich war auch sein Abgang. Georg Milbradt (CDU) gelang mit der Wahl zum Ministerpräsidenten am 18. April 2002 ein spektakuläres Comeback - gegen den Willen seines Vorgängers Kurt Biedenkopf (CDU), der ihn im Januar 2001 als Finanzminister wegen angeblicher Illoyalität entlassen hatte. Am 24. April 2008, also fast auf den Tag genau sechs Jahre später, kündigte Milbradt seinen Rücktritt an. Die Krise um den Notverkauf der Sachsen-LB und seine persönlichen Geldgeschäfte mit der Landesbank hatten ihn in die Schlagzeilen und um die Unterstützung in den eigenen Reihen gebracht. Im Gespräch mit Udo Lindner und Hubert Kemper zieht Milbradt eine Bilanz seiner 18 Jahre in der sächsischen Regierung und erklärt, warum er früher als geplant von der politischen Bühne abtritt. (...)

Milbradt: (...) Man muss wissen, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um den Staffelstab zu übergeben.

Freie Presse: Von einem wohl vorbereiteten Wechsel kann aber doch keine Rede sein. Noch vor kurzem hatten Sie überzeugend ihren Willen bekundet, bei den Landtagswahlen 2009 noch einmal antreten zu wollen.

Milbradt: Man kündigt einen Rücktritt nicht lange vorher an, sondern vollzieht ihn. Man muss wissen, wann dafür der geeignete Augenblick ist. Ich habe für mich persönlich die Entscheidung getroffen, dass es sinnvoll ist, den Staffelstab 16 Monate vor der nächsten Landtagswahl zu übergeben. Das gibt dem künftigen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich die Chance, sich im Amt zu profilieren und sich damit eine gute Ausgangsposition für die Wahl 2009 zu schaffen.

Freie Presse: Sie gelten als besonders kampfstark, wenn Sie mit dem Rücken zur Wand stehen. Warum haben Sie aufgegeben, als Sie die entscheidenden Runden nach der Sachsen-LB-Affäre schon gewonnen hatten?

„Ich muss mich nicht rechtfertigen für Geschäfte, die tagtäglich in jeder Volksbank und Sparkasse stattfinden."

Milbradt: Irgendwann ist die Grenze der Leidensfähigkeit erreicht. Ich war es einfach leid, ständig vom eigenen Koalitionspartner verdächtigt und angegriffen zu werden. Ich habe meine Entscheidung auch unter dem Eindruck getroffen, dass ich mich nicht rechtfertigen muss für Geschäfte, die tagtäglich in jeder Volksbank und Sparkasse stattfinden. Den Staffelstab zu übergeben ist richtig, denn es kommt darauf an, was für das Land das Beste ist. Außerdem soll die Partei eine gute Chance haben, vor der Landtagswahl 2009 in ruhiges Fahrwasser zu kommen. Niemand sollte die sächsische Union unterschätzen.

Freie Presse: Wie stark hat Sie der viel zitierte Biedenkopf-Satz vom miserablen Politiker getroffen?

Milbradt: Ich bin jemand, der sich im Augenblick mal ärgert und seinem Unmut freien Lauf lässt. Aber ich bin nicht nachtragend. (...)

Karl Nolle im Webseitentest
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