DNN - Dresdner Neueste Nachrichten, 26.06.2008
Räumungsklage gegen Dresdner Kindervilla
Heute Verhandlung am Landgericht / Bank sucht offenbar neuen Betreiber für die Basteistraße 20
Die Dresdner Kindervilla hat einen guten Ruf. Viele Eltern schätzen die Kinderbetreuung rund um die Uhr, auch wenn sie dafür teilweise 700 Euro und mehr im Monat hinblättern müssen. Eine Mutter, die ihre Kinder noch bis vor kurzem dort betreuen ließ, erklärte gegenüber DNN. „Der Service ist toll. Wenn der damals weggebrochen wäre, hätte ich nicht gewusst, wie ich meine Arbeit organisieren sollte. Nicht zu reden davon, wie gern meine Tochter in die Villa gegangen ist. Für sie wäre es wohl noch schlimmer gewesen“.
Die Frage, ob der Rund-um-die-Uhr-Service für die über 50 Knirpse auch künftig in der Basteistraße angeboten wird, könnte sich schon heute entscheiden. Denn heute verhandelt das Landgericht Dresden zum zweiten Mal über die Räumungsklage gegen die Betreiber und die Eigentümer der Kindervilla. Hintergrund ist ein Kredit von knapp einer Million Euro bei einer Kölner Bank, der schon länger nicht mehr bedient wird. Die Bank fühlt sich hingehalten. Sie will die Villa räumen lassen.
Zur Geschichte: Nach der Millionenpleite (2001) des Ursprungsträgers – des Kolping Bildungswerkes Sachsen – hatte die 2005 tödlich verunglückte Unternehmerin Ines Eckert die Kinderbretreung ganz neu aufgezogen. Sie war von ihrer Idee so überzeugt, dass sie die Kindervilla 2002 als Franchise-Unternehmen auf den Markt warf. Ziel: Kindervillen mit 24-Stunden-Service für jeden, der es sich leisten kann, in mindestens 28 Großstädten bundesweit. Für kleinere Ansprüche wurde das „Knirpsenparadies“ franchisefähig konzipiert. Auch das lief prima. Um die Kinderbetreuung vom Franchise-Geschäft zu trennen, gibt es neben der „Kindervilla Dresden GmbH“ auch die „Kindervilla Franchise GmbH“. Und eben Franchisenehmer – zwei in Dresden (neben der Villa am Großen Garten noch eine am Moritzburger Weg in Klotzsche), weitere quer über die Republik. Soviel zum Erfolg.
Als Ines Eckert 2002 ihre Franchise-Idee in die Tat umsetzte, ging das nicht ohne Geld. Sie holte die für soziale Projekte bekannte Kölner „Bank für Sozialwirtschaft“ mit ins Boot. Um den Kredit abzusichern, steht die Bank für die Kindervilla auf der Basteistraße mit im Grundbuch.
Heute, drei Jahre nach dem Tod von Ines Eckert, sollen sich die Kreditschulden der Nachfolger noch auf deutlich über eine halbe Million Euro belaufen. Bedient wurden sie nach DNN-Recherchen bis Ende 2006. Seitdem ist die Bank beunruhigt. Als in Guben im Februar 2007 ein neues Franchiseprojekt vertagt wurde, geschah dies, „weil die Hausbank alle Konten gesperrt“ hatte. So zitierte die Lausitzer Rundschau den damaligen Prokuristen und heutigen Geschäftsführer der Kindervilla GmbH. Inzwischen sind nicht nur in Guben, sondern auch in anderen Städten Projekte geplatzt – unter anderem eins in Leipzig. Die dortige Franchise-Nehmerin streitet sich derzeit mit der hiesigen Franchise GmbH vor dem Oberlandesgericht Dresden um die Rückzahlung von 50000 Euro. Weitere 150000 Euro sind in einem ähnlich gelagerten OLG-Fall strittig, bestätigte OLG-Sprecherin Katrin Haller.
Und nun noch die Räumungsklage vor dem Dresdner Landgericht. Die Bank, die wie berichtet für die Immobilie an der Basteistraße mit im Grundbuch steht, hat das Objekt nach vielen erfolglosen Einigungsversuchen Ende 2007 unter Zwangsverwaltung gestellt. Ziel: Die laufenden Mieteinnahmen sollten zur Tilgung des Kredits direkt an sie und nicht an die Franchise GmbH oder die Kindervilla GmbH gezahlt werden. Diese Versuche schlugen fehl. Im Ergebnis wird nun gegen alle Beteiligten auf Räumung geklagt, bestätigte Annette Wetzel vom Landgericht Dresden.
Von der Klage betroffen ist auch die Franchise-Nehmerin, die die Einrichtung auf der Basteistraße seit Mai 2005 betreibt. Mit ihren Mitarbeitern betreut sie gut 50 Kinder im Alter von acht Wochen bis zu 13 Jahren – arbeitet gut mit den Eltern zusammen, hat diverse Zusatzangebote im Programm. Was werden soll, wenn das Gericht die Räumung anordnet, dazu wollte sie gegenüber DNN nicht Stellung nehmen. Ebenso wenig die Chefin der Franchise GmbH. Deren Anwalt jedoch teilte schriftlich mit, „er sehe keinen rechtlich nachvollziehbaren Grund für die Zwangsverwaltung dieses Objektes“. Eine Räumung stehe nicht bevor, man streite lediglich darum, wer Hauptmieter der Räumlichkeiten ist. Und mehr könne er mit Blick auf das laufende Verfahren nicht sagen.
Bei der heutigen Verhandlung am Landgericht Dresden wird nun vielleicht erhellt, wer an wen Miete zahlt und wie die Bank an ihr Geld kommt. Doch entscheidend ist wohl, dass die Bank mit dem Thema „Kindervilla“ offenkundig durch ist. Zum Vorwurf des Anwalts der Franchise GmbH, der Bank sei „der Betrieb der Kindereinrichtung offenbar unwichtig“, hieß es aus Köln: Niemandem liege etwas an einer Schließung. Aber man hoffe auf einen Betreiber, der seinen Verpflichtungen nachkommen kann.
Die betroffenen Eltern sind aufgeschreckt: „Wenn die zumachen, das wäre eine Katastrophe!“
Barbara Stock