DNN - Dresdner Neueste Nachrichten, 12.07.2008
Linke schicken Marquardt ins Rennen
Bei der Wahl des Kulturbürgermeisters lassen es die untereinander zerstrittenen Linken in Dresden auf eine Zerreißprobe ankommen.
Nachdem der Chef der Linksfraktion.PDS, Ralf Lunau, vor Wochen seine Ambitionen auf diesen Posten öffentlich gemacht hatte, wurde gestern Abend auf einem Stadtparteitag Hans-Jochen Marquardt (parteilos) aus Halle ins Rennen geschickt – auf dem Ticket der Fraktion „Die Linke“. Marquardt konnte knapp 75 Prozent der Deligiertenstimmen auf sich vereinen.
Der gebürtige Leipziger ist seit Januar 2002 Bürgermeister für Kultur und Bildung in Halle an der Saale. Der studierte Journalist und Germanist, der über Heinrich von Kleist promovierte, lehrte Anfang der 90er Jahre an zwei Universitäten in Südafrika, bevor er fünf Jahre lang das Kleist-Museum in Frankfurt/Oder leitete. Nach dem Willen der designierten Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) sollen nur die fachlich Besten als Beigeordnete den Weg in die Verwaltungsspitze finden. Vor diesem Hintergrund kann sich Marquardt mit seinen Erfahrungen im Bereich Kultur gute Chancen ausrechnen. Zum Vergleich: Ralf Lunau ist Rechtsanwalt.
Hans-Jochen Marquardt sprach sich gestern vor dem Parteitag für das kreative Potenzial der Stadtteil- und Soziokultur aus. „Staub zu wischen auf den Traditionen wäre tödlich für Dresden“, betonte er. Zugleich stellte Marquardt klar, dass er sich trotz der Unterstützung nicht von der Partei vereinnahmen lasse. „Als Beigeordneter kann man keine Parteipolitik betreiben, man hat übergreifende Verantwortung.“ Mit diesem Satz eckte er bei einigen Genossen scharf an.
Nach Ansicht von Hans-Jürgen Muskulus, dem Stadtchef der Linken, ist es zwingend, dass die Genossen einen eigenen Beigeordneten stellen. „Laut Gemeindeordnung muss sich die Stärke der Stadtratsfraktionen bei den Bürgermeistern widerspiegeln“, sagte er. Die Beigeordnetenwahl ist für den 7. August angesetzt.
Christoph Stephan