DNN/LVZ, 09.09.2008
Landesbank: Milbradt-Vertrauter lehnt Verantwortung ab
Bankenspezialist Thode vor U-Ausschuss / Keine Anhaltspunkte für untragbare Risiken
Dresden. Der Zeuge war ganz offensichtlich bestens präpariert. Nicht weniger als sechs prall gefüllte Aktenordner hatte Bernd Thode zu seinen Füßen aufgestellt, auf dem Tisch vor ihm lagen zwei weitere Stapel zum Nachsehen zwischendurch. Es war mal wieder U-Ausschuss-Sitzung zum Landesbank-Desaster, und der 53-Jährige gilt als graue Eminenz der Staatsregierung. Schließlich saß Thode – zum Teil als „Gast“ – in den entscheidenden Gremien, war somit auch über den verhängnisvollen Strategiewechsel im Jahr 2000 informiert. Damals verließ die SachsenLB das traditionelle Kreditgeschäft, suchte das schnelle Geld auf den Kapitalmärkten dieser Welt – und verspekulierte sich mit Ramschpapieren in zweistelliger Milliardenhöhe.
Was Thode den versammelten Abgeordneten gestern zu sagen hatte, war allerdings mager. Die vielfach wiederholten Zentralbegriffe seines Vortrags lauteten: „keine Anhaltspunkte für untragbare Risiken“, „keine Hinweise“ auf den nahenden Crash. Auch hätten alle Kontrollinstanzen jenseits der Regierung – ob externe Wirtschaftsprüfer oder die Bankenaufseher des Bundes – das Treiben der SachsenLB-Tochter in Irland unkritisch gesehen.
Der politische Hintersinn dieser Lesart liegt auf der Hand. Thode war nicht nur Bankenspezialist im Finanzministerium, ihm werden auch gute Kontakte zu Ex-Regierungschef Georg Milbradt (CDU) nachgesagt. Mit diesem hat er ein Buch über die Neuordnung von Landesbank und Sparkassen verfasst. Milbradt wiederum hatte stets abgestritten, nach seinem Rausschmiss durch Kurt Biedenkopf (CDU) 2001 über Details informiert gewesen zu sein.
Der Thode-Auftritt selbst stand lange auf der Kippe, erst im dritten Anlauf folgte der Jurist der Einladung. Beim ersten Mal war Thode krank, dann auf Kur. Politisch aber ist der Generaltenor seiner Aussage – die Regierung hat keine Fehler gemacht – heikel. Denn als die Banker in Dublin das große Rad zu drehen begannen, hatte der Freistaat längst die Kompletthaftung übernommen, nicht zuletzt für den 17-Milliarden-Fonds Ormond Quay, der Mitte 2007 platzte und das Desaster auslöste.
Entsprechend ätzte SPD-Obmann
Karl Nolle gestern am Rande der Sitzung, „die Zentralfigur Thode scheint von keinerlei Zweifeln getrübt“. Linken-Obmann Klaus Tischendorf warf dem Finanzministerium vor, Aktenvermerke unter Verschluss zu halten. Die SachsenLB ist mittlerweile an die Landesbank Baden-Württemberg notverkauft. Im Gegenzug hat Sachsen das Risiko für zukünftige Ausfälle in Höhe von 2,75 Milliarden übernommen.
Jürgen Kochinke