www.tagesschau.de, 09.09.2008
Becks Erklärung zu seinem Rücktritt: "Ich nehme die erste Reihe aus"
Der frühere SPD-Chef Kurt Beck hat seinen Rücktritt als eine "bewusste Entscheidung" bezeichnet. Sie sei nach einer "intensiven Selbstprüfung" am Sonntag gefallen, sagte er in einer ersten öffentlichen Erklärung nach seinem Rücktritt.
Beck sagte, er habe sich bereits vor Monaten für Frank-Walter Steinmeier als Kanzlerkandidat der SPD entschieden. Er wollte über den Sommer hinweg diese Entscheidung nicht bekannt gegeben. Nach der Sommerpause habe er mit Steinmeier darüber "sehr gute und sehr freundliche" Gespräche aufgenommen.
Am Donnerstag habe er mit Steinmeier und Franz Müntefering endgültig verabredet, dass sie als Dreiergespann in den Bundestagswahlkampf ziehen würden. Am Samstag hätten Steinmeier, Müntefering und er darüber führende Genossen informiert.
"Das nennt man wohl Spinning"
Am Samstagabend allerdings habe er nach Recherchen festgestellt, dass den Medien bewusst Fehlinformationen zugespielt worden seien, die "mit der Wirklichkeit nichts zu tun hatten - das nennt man wohl Spinning". Dies habe zu einer völlig anderen Lage geführt und sein Recht als Parteivorsitzender eingeschränkt, die Nominierung zu entscheiden und bekanntzugeben.
Daher habe er am frühen Sonntagmorgen endgültig entschieden, dass er die SPD nicht mehr "sinnvoll" führen könne. Dies sei im Interesse der Partei gewesen - aber auch aus "Selbstrespekt, den sich jeder Mensch schuldet".
Anders als berichtet sei es am Sonntag während der SPD-Klausur am Schwielowsee aber nicht zum Streit gekommen: "Dass es dort laute Töne gab, ist dummes Zeug. Die Atmosphäre war sehr besonnen." Mit Müntefering habe er am Morgen telefoniert und ein Treffen vereinbart.
Vertrauensbrüche aus der zweiten Reihe?
Beck beklagte einen wiederholten Vertrauensbruch während seiner Amtszeit, allerdings "nicht aus der ersten Reihe". Sein offener Stil sei missbraucht worden. Er habe auch Fehler gemacht, sei aber seinem grundsätzlichen Stil immer treu geblieben.
Seine politische Einstellung habe sich zudem während seiner Amtszeit nicht geändert. Trotzdem sei er in der "absurden Situation" gewesen, "plötzlich zur Parteilinken zu zählen" - obwohl er die Agenda-Reformen immer für richtig und in ihren "entscheidenden Teilen für unverzichtbar" gehalten habe. Er habe aber auch immer dafür gekämpft, "dass einer richtigen Politik das Verständnis für die betroffenen Menschen hinzugefügt wird".
Er bekräftigte, dass er Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz bleiben und wieder als SPD-Landeschef kandidieren werde. Er sprach von einer absoluten Zustimmung im Landesverband. Auch aus der Bevölkerung hätten ihn zum Teil "sehr anrührende und überwältigende" Solidaritätsadressen erreicht.