DNN/LVZ, 16.09.2008
Sanio schweigt zur SachsenLB
Bafin-Chef verweist vor Untersuchungsausschuss auf Aussagebeschränkung
Dresden. Der Landesbank-Untersuchungsauschuss des sächsischen Landtags hatte sicher mehr erwartet: Zum Niedergang der SachsenLB wurde gestern Jochen Sanio als Zeuge vernommen. Der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht (Bafin) sollte Aufschluss über die Hintergründe des Bankendesasters geben. Sanio jedoch verwies auf seine eingeschränkte Aussagebefähigung – und schwieg.
Im August vergangenen Jahres habe er die Aufsicht über die SachsenLB aufgenommen und die Operation zur Rettung der Bank geleitet. Das war alles, was Jochen Sanio gestern zur Krise der sächsischen Landesbank zu sagen hatte. „Die Situation ist für mich äußerst unbefriedigend. Ich habe zu vielen Themen eine eigene Wahrnehmung, aber keine Aussagebefähigung“, erklärte er vor dem Untersuchungsausschuss in Dresden. Besonders die Opposition zeigte sich mit der Einschränkung der Aussagegenehmigung nicht einverstanden. Ein Einspruch wird in Erwägung gezogen.
Für den Moment aber mussten sich die Ausschussmitglieder mit Verallgemeinerungen begnügen. So gab Sanio zu Protokoll: „Die Bafin soll generell prüfen, ob ein Risikomanagement adäquat zur Geschäftsstrategie ist. Mit der Geschäftsstrategie selbst hat sich mein Institut nicht zu befassen. Das hat der Bundesgesetzgeber beschlossen.“ Auf Nachfrage, inwiefern dies auf den konkreten Fall zu beziehen sei, erwiderte Sanio, der Ausschuss möge seine Schlüsse aus dem Gesagten ziehen. Er dürfe nur bestätigen, dass die Bafin generell keinen Einfluss auf geschäftspolitische Vorgänge habe.
Die Bafin war als Fachaufsicht für die SachsenLB zuständig. Deren Dubliner Tochterinstitut hatte sich auf dem US-Hypothekenmarkt verspekuliert und die Landesbank fast in den Ruin getrieben. Dieser konnte nur durch Verkauf an die Landesbank Baden-Württemberg abgewendet werden, wobei dem Land Sachsen durch die erforderliche Bürgschaft ein Verlust von bis zu 2,75 Milliarden Euro droht.
Vor Jochen Sanio stand die Bafin-Referatsleiterin Sabine Bergsen in nichtöffentlicher Sitzung Rede und Antwort. Wie der SPD-Obmann im parlamentarischen Untersuchungsausschuss,
Karl Nolle, danach sagte, habe die Bundesanstalt mehrfach und nachdrücklich auf Missstände bei der Landesbank hingewiesen. Nach SPD-Angaben schickte Bergsen von 1998 bis 2006 insgesamt 16 entsprechende Schreiben an den Vorstand und den Verwaltungsrat-Chef der SachsenLB – den jeweiligen sächsischen Finanzminister. So habe es Beschwerden über mangelnde Transparenz und Geschäftsberichte der Bank gegeben. „Auch die Ausweitung der außerbilanziellen Engagements war Thema dieser Briefe“, sagte Nolle.
FDP-Obmann Andreas Schmalfuß schlug in die gleiche Kerbe: „Die Zeugin Sabine Bergsen hat detailliert nachgewiesen, dass das sächsische Finanzministerium über gravierende Verstöße der ehemaligen Landesbank gegen bankenrechtliche Vorschriften, insbesondere die mangelnde Risikokontrolle, frühzeitig und umfassend durch die Bafin informiert wurde.“ Statt einzuschreiten habe man aber überforderte Bankenvorstände jahrelang gewähren lassen.
Linke und Grüne äußerten sich ähnlich. Nur die CDU bewertete die Aussagen anders. Sanio habe deutlich gemacht, „dass die Kontrolle der Risikosteuerung der SachsenLB in erster Linie bei der Bafin lag und nicht beim sächsischen Finanzministerium“, befand CDU-Obmann Günther Schneider. Die Linken forderten Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) auf, Sanio eine umfassende Aussagegenehmigung zu erteilen. Das sei notwendig, um die sächsische Bankenkrise aufzuklären.
Ines Hofmann/Tino Moritz, ddp