Agenturen ddp-lsc, 15:26 Uhr, 26.09.2008
Jurk wirft Koalitionspartner CDU Scheinheiligkeit vor
De Maizière verteidigt Flaths Thesen - Linke-Bürgermeister in Zwickau gewählt
Dresden/Zwickau (ddp-lsc). Sachsens SPD wirft ihrem Koalitionspartner CDU in der Debatte um die Gleichbehandlung von Linker und NPD Scheinheiligkeit vor. Während CDU-Landtagsfraktionschef Steffen Flath eine Zusammenarbeit mit der Linken auch auf kommunaler Ebene ausschließt, «heben an der Basis - siehe Zwickau, Chemnitz und Dresden - CDU und Linke Hand in Hand gegenseitig ihre Dezernenten ins Amt», kritisierte SPD-Landeschef Thomas Jurk am Freitag in Dresden. Am Donnerstagabend waren in Zwickau die Stadtratsfraktionschefs von CDU und Linker zu neuen Bürgermeistern gewählt worden. Flath will am Samstag auf einer Kommunalkonferenz in Oschatz mit der Parteibasis über seine vor einer Woche bekanntgewordenen Empfehlungen debattieren.
Der CDU-Landesvize hatte auch ausgeschlossen, zusammen mit der Linken die NPD zu bekämpfen. Anträge von beiden Parteien seien «generell abzulehnen», auch mit der Linken könne es «keine Zusammenarbeit» geben.
«Die Debatte ist schlicht scheinheilig, weil sie nur auf Abgrenzung und nicht auf Auseinandersetzung beruht», sagte Jurk. Der brandenburgische SPD-Chef und Ministerpräsident Matthias Platzeck sagte: «Wer NPD und Linke in einen Topf haut, der verlässt jede vernünftige Argumentationsbasis». Die Linke sei «hier bei uns eine Partei des demokratischen Spektrums, und das sind die Nazis nicht».
Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte hingegen Flaths Thesenpapier: «Wenn man sagt, dass es mit der NPD keine gemeinsamen Beschlüsse, Bündnisse und Absprachen geben wird, und wenn man sagt, das gleiche gelte für die Linke, dann ist das ein ähnliches Verhalten gegenüber diesen Parteien, aber nicht die inhaltliche Gleichsetzung». Er finde, dass es auch gegenüber der Linken keine inhaltliche und Bündniszusammenarbeit geben könne. Er empfehle sogar eine große Zurückhaltung, wenn es darum gehe, in Städten zusammen Dezernenten zu wählen, sagte de Maizière.
Der Zwickauer Stadtrat hatte sowohl den bisherigen CDU-Fraktionschef Rainer Dietrich mit 30 Stimmen als auch dessen Linke-Amtskollegen Bernd Meyer mit 20 Stimmen zu neuen Bürgermeistern gewählt. Meyer setzte sich dabei erst im zweiten Wahlgang gegen den bisherigen Amtsinhaber Eugen Kirchdörfer (CDU) durch, dessen Bewerbung von der eigenen Partei nicht unterstützt worden war.
CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer bedauerte, dass Kirchdörfer nicht gewählt wurde. Zugleich verwies er auf die rechtlich gebotene Berücksichtigung der jeweiligen Fraktionsstärken bei der Besetzung von Bürgermeisterämtern. Kretschmer nannte das Flath-Papier einen »wichtigen Anstoß«. Damit zeige die Union, wo sie sich von FDP, Grünen und SPD im Umgang mit der Linken unterscheide.
Linke-Fraktionschef André Hahn nannte es »hochgradig vernünftig, wenn die Interessen der Stadt über Parteipolitik gestellt werden«. Bei Beigeordneten-Wahlen gehe es um »möglichst kompetente Persönlichkeiten, über die CDU und Linke in Zwickau offensichtlich verfügen«. Es sei »daher gut, dass der vermeintlich lange Arm von Herrn Flath am Ende doch nicht über den CDU-Fraktionssaal im Dresdner Landtag hinausreicht". Mit Meyer wurde nach Parteiangaben der fünfte Linke-Politiker zum Bürgermeister einer sächsischen Großstadt gewählt - nach zwei Kandidaten in Chemnitz und jeweils einem in Leipzig und Dresden.
(Quellen: Hahn, Jurk, Kretschmer und Zwickauer Stadtverwaltung auf ddp-Anfrage; Platzeck in der «Lausitzer Rundschau» (Freitagausgabe); de Maizière auf MDR Info)
Von Tino Moritz
ddp/tmo/mwa
261526 Sep 08