DNN/LVZ, 25.11.2008
Spät, aber konsequent
Standpunkt von Jürgen Kochinke
Etwas spät kommt sie, die Erklärung von Stanislaw Tillich in eigener Sache. Aber sie kommt, und das ist konsequent – immerhin. Dies ist das einzig Richtige, das der unter Druck Geratene tun konnte: offen die Karten auf den Tisch legen, ohne weiteres Zaudern und Zögern. Denn nichts ist schlimmer für einen Spitzenpolitiker als der Eindruck, er wolle das Spezielle an seiner CDU-Block-Biografie vertuschen, wo doch die eigene Partei manchen politischen Gegner gern mit der moralischen DDR-Keule traktiert.
Mit diesem alternativlosen Gang in die Offensive könnte es Tillich gelingen, zumindest im Freistaat ein Stück Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Auf Bundesebene allerdings sieht es wohl anders aus. Nicht wenige in der CDU West rümpfen noch immer die Nase, wenn sie Details aus Ostbiografien des eigenen Spitzenpersonals serviert bekommen. Das macht die Lage für Tillich nicht einfach, aber zumindest handhabbar. Dass er kein Widerstandkämpfer war zu DDR-Zeiten, ist bekannt und wäre im Übrigen auch kein Kriterium, einem Spitzenpolitiker das Amt zu verwehren. Darüber hinaus aber darf das interessierte Publikum nun zur Kenntnis nehmen, was auch kein Geheimnis ist: Menschen wie Tillich haben mitgemacht, weil es der Karriere genützt hat – nicht mehr und nicht weniger.
j.kochinke@lvz.de