Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 28.11.2008

Staatsdiener Tillich drohte nach 1990 ein Karriereknick

Bis heute gelten Gesetze, die DDR-Funktionären den Eintritt in den sächsischen Staatsdienst erschweren.
 
In der Debatte um die DDR-Biografie von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ist ein neues Problem aufgetaucht: Durfte Tillich, der 1989 Stellvertretender Vorsitzender für Handel und Versorgung beim Rat des Kreises Kamenz war, überhaupt eine Laufbahn bis an Sachsens Regierungsspitze machen? Hintergrund sind Vorschriften aus der Wendezeit, mit denen Verantwortlichen des DDR-Machtapparats der Eintritt in den öffentlichen Dienst oder in Parlamente verwehrt werden sollte. Laut Agentur ddp beschlossen die Dresdner Stadtverordneten 1992, Bewerber, die in der DDR einen Posten wie Tillich hatten, ohne Einzelfallprüfung abzulehnen. Ähnliche Versuche gab es sachsenweit. Im Landtag scheiterte das Vorhaben, bestimmte Amtsinhaber pauschal von neuen Staatsfunktionen auszuschließen, aber an rechtlichen Bedenken.

„Eine hypothetische Frage“

Tillich hatte in der DDR eine Funktion inne, die sich mit einem heutigen Vize-Landrat vergleichen lässt. Allerdings waren seine damaligen Kompetenzen als Verantwortlicher für Handel und Versorgung deutlich geringer als die eines Stellvertretenden Vorsitzenden für Inneres beim Rat des Kreises, der in der Regel mit SED-Mitgliedern besetzt wurde. Laut Beamtengesetz müssen sich in Sachsen aber nur Ex-DDR-Funktionäre in „herausgehobenen Funktionen“ einer Einzelfallprüfung unterziehen. Nach heutiger Lesart sind das vor allem frühere Vorsitzende der Räte der Kreise und deren erste Stellvertreter.

Die Staatskanzlei teilte daher gestern mit, dass „explizit keine Bestimmung existiert“, die es Tillich verwehrt hätte, nach 1990 Beamter im Freistaat zu werden. Man legte auch Wert auf die Feststellung, dass das ohnehin „nur eine hypothetische Frage“ sei, da Tillich nach der Wende zunächst in der Wirtschaft arbeitete und rechtlich gesehen auch heute noch kein Beamter ist.
Von Gunnar Saft

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