Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, Frage der Woche, Seite 8, 29.11.2008

Neue Frage der Woche - Geht die CDU richtig mit ihrer DDR-Vergangenheit um?

NOLLE: "Ein vergiftetes Erbe hinterlassen" - KRETSCHMER: "Klarer Schnitt bei Personal und Politik"
 
Jetzt wurde bekannt, dass Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) enger in den DDR-Staatsapparat eingebunden war als bisher angenommen. Im Mai 1989 wurde er Stellvertretender Vorsitzender für Handel und Versorgung beim Rat des Kreises Kamenz und gehörte damit zu den sogenannten Nomenklatur-Kadern. Vor der Übernahme, des Pos- tens, der traditionell an Mitglieder der DDR-Blockparteien vergeben wurde, besuchte Tillich mehrere Lehrgänge - darunter ein mehrmonatiges Seminar an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften.

Kritiker halten nun Tillich und der CDU politische Doppelmoral vor: Einerseits hätten sie nach der Wende vehement die Zustände in der DDR kritisiert, andererseits sei auch die CDU ein wichtiger Teil des früheren Machtsystems gewesen. Ein Vorwurf, den ostdeutsche Christdemokraten als zu pauschal und diffamierend zurückweisen: Die Hauptverantwortung für das DDR-Unrecht trage weiterhin die Ex-SED. Was meinen Sie:

Geht die CDU richtig mit ihrer DDR-Vergangenheit um?

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Statement von Karl Nolle:

Ein vergiftetes Erbe hinterlassen

Die CDU hat selbst hohe moralische Maßstabe formuliert und sogar ins sächsische Beamtengesetz geschrieben,.dass die Funktionärselite der DDR keine staatliche Macht in unserem demokratischen Gemeinwesen ausüben soll. Gilt dies auch für den eigenen Ministerpräsidenten?

Stanislaw Tillich war, anders als Innenminister Buttolo, Teil der DDR-Kadernomenklatur. Wohl keine „typische Ostbiografie“! Die bewußt gewählte Arbeit für das Regime war für die unterdrückten DDR Bürger gerade nicht vorstellbar. Sein Opportunismus führte ihn in eine priviligierte, „vergoldete Nische“. Wohl kaum ein Fall für eine Ost/West- Auseinandersetzung! Sein schönfärbender Umgang mit der eigenen Geschichte stößt selbst bei seinen Parteifreunden auf staunendes Unverständnis.

Seine Nach-DDR-Karriere verdankt Tillich Westlern, die nicht hinsehen konnten oder wollten. Er gehört zum „vergifteten“ Erbe Georg Milbradt’s.

Soll Ergebnis der friedlichen Revolution sein, dass ein Staatsfunktionär von SED Gnaden die Richtlinen der Politik in Sachsen bestimmt. Wenn die CDU dies zuläßt, wird sie sich fragen lassen müssen, ob sie (noch) für die friedliche Revolution einsteht.
Karl Nolle, SPD Landtagsabgeordneter




Statement von Michael Kretschmer:

Klarer Schnitt bei Personal und Politik

Ich weiß noch, wie 1989/90 überall in der CDU-Sachsen die Frage nach Verantwortung der Mitglieder zu DDR-Zeiten gestellt wurde. Mit spürbaren Folgen: Alle, die vor '89 in den Bezirksvorständen waren, mussten ihren Stuhl räumen. Die CDU-Sachsen hat Klarheit geschaffen. Die Gründer der Sachsen-CDU von 1945 wurden oft von der Stasi verfolgt. Viele, die später eintraten, wollten der SED aus dem Weg gehen. Von den heute 13.169 Mitgliedern waren lediglich 3.539 vor 1990 eingetreten. Sie Blockflöten zu nennen, ist unredlich und wird vielen Lebenswegen nicht gerecht. Die DDR war eine Diktatur und die Stasi ein allgegenwärtiges Machtinstrument der SED. Die CDU war gleichgeschaltet. Aber sie hat personell und inhaltlich den Schnitt gemacht, sich klar zu Demokratie und Einheit bekannt. In der PDS kommen bis heute alte Ziele und Kader zu Ehren. Die Auseinandersetzung mit der PDS können wir führen weil wir eine klare Bewertung zur DDR-Diktatur haben - die PDS nicht. Haben sich die Linken je für das Unrecht in der DDR entschuldigt? Die CDU tat da schon im Dezember '89. Für die PDS sitzen noch heute Stasi-Leute im Landtag, die stolz darauf sind.
Michael Kretschmer, CDU-Generalsekretär

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: