DNN Dresdner Neuste Nachrichten, 17.01.2009
Ach, was muss man oft von bösen Buben hören oder lesen! Wie zum Beispiel hier von diesen, welche Frey und Putin hießen.
Die Woche in Dresden - Kommentar von Dirk Birgel
Ach, was muss man oft von bösen Buben hören oder lesen! Wie zum Beispiel hier von diesen, welche Frey und Putin hießen. Schön, dass man Trost bei Wilhelm Busch und im Humor findet, wenn denn schon das Unfassbare nicht Fiktion, sondern Realität ist: Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin (KGB) empfängt beim Semperopernball aus der Hand von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) den so genannten sächsischen Dankorden. Für seine Verdienste um den Kulturaustausch. Wow! Aber wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe...
Zuerst stellt sich natürlich die Frage, wofür wir Putin Dank schulden. Der Kulturaustausch mit Russland verlief ja anfangs recht einseitig. Da hieß es: Also lautet der Beschluss, dass der Dresdner bluten muss. Kist‘ um Kiste ohne Tücke, in die Sammlung eine Lücke. Was später, auch unter Putin, zurückkam, wiegt den Verlust an Beutekunst nicht ansatzweise auf.
Vielleicht gilt die Auszeichnung ja Putins verdecktem humanitären Einsatz bei der Menschenrechtsorganisation KGB oder seinen Bemühungen um die russisch-tschetschenische Freundschaft. Wahrscheinlich wollte Sachsen sich vorsorglich ein wenig einkratzen, dass es uns nicht bald geht wie der Ukraine: Schwuppdiwupp, da wird von oben schon das Erdgas abgezogen.
Oder wollte Opernball-Impresario Hajo Frey sich einfach nur im Glanze des neuen Zaren sonnen und seinen Ball aufhübschen? Das würde zum Operndirektor a.D. passen, dem eine Zeitung jüngst einen „Hang zu Schaumschlägerei“ und spektakulären Events mit „großen Namen“ nachsagte. Ach, spricht Frey, die größte Freud ist die Selbstzufriedenheit. Und sieht sich auf Augenhöhe mit dem Wiener Opernball. Dabei hielt sich die Prominenz, die keinen Orden bekam, sehr in Grenzen. Pardon: Heidi Klums Eltern sollen da gewesen sein, vielleicht sogar Claudia Schiffers Hund. Frey und Ball gleichen einem Westbrötchen: viel Luft drin.
Fragt sich, ob Putin überhaupt wusste, wie ihm geschah. Dass er da quasi etwas überreicht bekommt, dessen Bedeutung der eines Karnevalsorden aus Köln-Nippes entspricht. Wenn der Mann das mitkriegt, ist Schluss mit kulturellem Austausch. Vielleicht hat MP Tillich ja deshalb bei der Farce mitgespielt. Man hätte ihm noch vor dem Eröffnungswalzer eine kleine gnädige Ohnmacht gewünscht, um aus der Nummer herauszukommen. Ein klares Nein im Vorfeld wäre freylich besser gewesen. So bleibt wohl ein frommer Wunsch, dass es 2010 heißt: Gott sei dank! Nun ist‘s vorbei mit der Ordenhängerei. Wir sollten schon mal nachdenken, was George W. Bush, Fidel Castro, Dolly Buster und Eisbär Knut für Sachsen geleistet haben.
Ein schönes Wochenende
Ihr Dirk Birgel
@d.birgel@dnn.de