DNN/LVZ, 23.01.2009
U-Ausschuss: Neue Panne mit Geheimakten im Landtag
Dresden. Aktenpanne im sächsischen Landtag: Drei Tage vor der mit Spannung erwarteten Vernehmung einer Zentralfigur in der Affäre um Geheimakten des Verfassungsschutzes sind zwei Geheimdokumente aus dem Panzerschrank des Landtagsgebäudes verschwunden. Bei den Dokumenten handelt es sich nach Informationen dieser Zeitung um mehrere Dossiers samt Anhang, die die ehemalige Leiterin des Referats Organisierte Kriminalität (OK) beim Verfassungsschutz, Simone Henneck, angefertigt hat. Die Dokumente, die unter dem Codenamen Abseits III mögliche Netzwerke in Leipzig betreffen, hatte der Verfassungsschutz nach einigem Tauziehen im Zuge der Affäre dem Landtag übergeben.
Pikant ist das Verschwinden nicht nur wegen der Tatsache, dass Henneck am Montag ihren ersten Auftritt im U-Ausschuss hat. In der Affäre gab es bereits zwei ähnliche Fälle. So wurde im Sommer 2007 bekannt, dass der Verfassungsschutz ein Jahr zuvor hochinternes OK-Material vernichtet hatte.
Weitere 40 Aktenordner zu Netzwerken in Südwest-Sachsen wurden ebenfalls geschreddert. Damals gab es Kritik an den Verfassungsschützern. In diesem neuen Fall allerdings dürfte es den Landtag treffen. Die Dokumente sind mehrfach gesichert. Sie liegen im Panzerschrank in einem gesicherten Raum, U-Ausschussmitglieder dürfen sie nur unter Aufsicht einsehen.
Ein Landtagssprecher bestätigte gestern das Fehlen der Akten. Es handle sich aber lediglich um zwei Anlagen in Kopieform, die nicht als vertrauliche Verschlusssache gekennzeichnet seien. Es sei offen, ob die Akten falsch eingeordnet, von vornherein nicht vorhanden oder entwendet worden seien. Kritik kam von den Liberalen. „Dies ist in jedem Fall unangenehm und peinlich“, sagte der FDP-Rechtspolitiker Jürgen Martens gestern, „sächsische Stahlschränke sind halt leicht durchlässig.“
Der Verlust wurde nur durch Zufall bekannt. Als Mitglieder eines anderen Geheimgremiums den verschlossenen Sitzungsraum im Keller des Landtags betreten wollten, stießen sie auf Mitarbeiter der Staatsregierung, die offensichtlich die OK-Ordner nach fehlenden Akten durchsuchten.
Jürgen Kochinke