Sächsische Zeitung, 17.03.2009
Rechnungshof rügt Versagen bei Landesbank
Sonderbericht des Rechnungshofs ...
In ungewöhnlicher Schärfe hat der Sächsische Rechnungshof die früheren Vorstände und Aufsichtsgremien der ehemaligen Landesbank Sachsen (Sachsen-LB) gerügt. Gestern übergab die Behörde einen 125 Seiten starken Sonderbericht an den Landtag.
Hoher Millionenschaden für Freistaat und Sparkassen
Den Anteilseignern der Sachsen-LB – der Sachsen-Finanzgruppe mit ihren acht Sparkassen sowie dem Freistaat Sachsen – sei ein Schaden von 364 Millionen Euro entstanden, schreibt der Rechnungshof. Diese Summe werde sich erhöhen, falls die Garantie des Freistaats über 2,75 Milliarden Euro für Sachsen-LB-Risiken in Anspruch genommen werde. Der Notverkauf an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) habe Sachsen aber „vor größerem Schaden“ bewahrt.
Bank ist ihrem eigentlichen Auftrag nicht nachgekommen
Die Sachsen-LB ist ihrem Auftrag, den Mittelstand zu unterstützen, laut Rechnungshof nicht gerecht geworden. Stattdessen sei sie zu einer Kapitalmarktbank umgebaut worden. Diese Geschäfte umfassten zum Schluss 43 Milliarden Euro – und damit ein „Gefährdungspotenzial von nahezu dem Dreifachen des Staatshaushalts“. Hinweise auf die Gefahren seien ignoriert worden. Darunter auch die der SZ-Wirtschaftsredaktion: Die hatte bereits im März 2004 vor den bedenklichen Entwicklungen bei der Sachsen-LB umfangreich gewarnt.
Vorstand handelte vielfach eigenmächtig
Besonders heftig kritisiert der Rechnungshof die früheren Bankchefs: „Ohne Ermächtigung“ hätten sie den Freistaat für die in Dublin getätigten Kapitalmarktgeschäfte in Haftung genommen. Sie hätten es versäumt, „die Risiken ordnungsgemäß in die Risikoberichterstattung aufzunehmen“. Anzeichen für aufkommende Marktstörungen seien „ungenügend“ beachtet worden. Kurzum: „Die Vorstände verletzten ihre Sorgfaltspflichten.“ Deswegen ermittelt die Staatsanwaltschaft Leipzig.
Verwaltungsrat, Prüfer und Ministerium haben versagt
Dem Verwaltungsrat der Sachsen-LB wirft der Rechnungshof vor: „Er hat bei seiner Aufgabe versagt.“ In dem Kontrollgremium saßen vor allem Landesminister, Landräte, Bürgermeister und Sparkassenchefs. Sie seien ihrer „Pflicht zur Selbstinformation nicht ausreichend nachgekommen“, existenzbedrohende Geschäfte hätten sie nicht erkannt. Auch die Abschlussprüfer von Pricewaterhouse-Coopers hätten die Haftungslage der Bank „nicht problematisiert“. Damit widerspricht der Rechnungshof der Darstellung der Staatsregierung, wonach allein die Vorstände für das Bankdebakel verantwortlich gewesen seien. So habe das Finanzministerium „als Rechtsaufsicht versäumt“, die Haftungsfragen zu klären. Der Argumentation des Ministeriums, keine „Einwirkungsmöglichkeiten“ gehabt zu haben, folgt der Rechnungshof nicht. Auch der Hinweis auf die weltweite Finanzkrise „entlastet die jeweiligen Akteure nicht“.
Käufer der Sachsen-LB benötigt fünf Milliarden Euro
Unterdessen ist die fünf Milliarden Euro schwere Kapitalspritze für die LBBW gesichert. Bis zuletzt hatten die 54 Sparkassen Baden-Württembergs gezögert, sich zu beteiligen. Nun zahlen sie – entsprechend ihres Anteils – 1,78 Milliarden Euro. Das Land trägt 2,1 Milliarden Euro bei, die Stadt Stuttgart 946,6 Millionen Euro. Die LBBW hatte die Sachsen-LB Ende 2007 übernommen und im vorigen Jahr 2,1 Milliarden Euro Verlust gemacht.
Annette Binninger und Ulrich Wolf
Sonderbericht des Rechnungshofs