Frankfurter Rundschau, 08.05.2009
Die Klodeckel-Affäre
Sachsens Justizminister fahndete unter Dienstadresse nach privatem Sanitärzubehör
DRESDEN. Man unterschätze nicht den positiven Einfluss einer Kloschüssel. Am 1. April hatte ein Unbekannter eine solche Keramik, bepflanzt mit Stiefmütterchen und einem Schild: „Scheiße gebaut — Stadt versaut", auf dem Postplatz in Dresden abgestellt. Ein deutlicher Protest gegen den vollendeten Umbau des Platzes neben Schauspielhaus und Zwinger zu einer baum- und fantasielosen Pflastersteinwüste, im Winter sibirisch windig und kalt, im Sommer glühend wie eine Bratpfanne.
Das Klo beschäftigte wochenlang die Politik. An weiteren hässlichen Ecken tauchten plötzlich Protestklos auf. Am Ende fiel im Rathaus der Groschen, die Stadt verstand die keramische Botschaft und beschloss, 100 000 Euro für mehr Grün lockerzumachen.
Nicht mit einem Klo, sondern nur mit einer Klobrille, Farbe silbermetallic, ärgert sich gerade Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) herum. Und die Opposition im Landtag wundert sich, was in den Mann gefahren sein könnte bei dem, was jetzt in Dresden unter dem Namen „Klodeckel-Affäre" läuft.
Wo ist die geblümte Gardine?
Jedenfalls kam kürzlich ans Licht: Geert Mackenroth und Frau Sybille haben Krach mit ehemaligen Mietern ihres Hauses im schleswig-holsteinischen Itzehoe. Gatte Geert war dort bis zu seinem Umzug nach Dresden Landgerichtspräsident. Bis Januar 2008 hatten die Mackenroths ihr Haus an ein Pärchen vermietet. Nach deren Auszug begann der Ärger: Angeblich hatte das Haus, zehn Zimmer, Swimmingpool, Garten und Fahnenstange, schwer gelitten. Mehr als 10 000 Euro Schaden, erläuterte kürzlich der Minister. Zudem angebliche Mietrückstände von rund 3000 Euro.
Was machten die Mackenroths? Sie stellten Strafanzeige; Unterschrift Sybille Mackenroth. Gatte Geert half beim Formulieren. Die Staatsanwaltschaft in Itzehoe ließ eine Wohnung und eine Garage durchsuchen, fand aber nicht, wonach gefahndet wurde: gebrauchte Gardinen der Mackenroths, selbst genäht, zum Teil mit braunem Blumenmuster, zum Teil grünweiß gestreift. Außerdem eine Klobrille, silbermetallic. So stand es im Durchsuchungsbeschluss. Den Lokusdeckel und die anderen Dinge, vermuteten die Mackenroths, hätten die ehemaligen Mieter mitgehen lassen.
Was dem Minister neben dem Verlust des WC-Deckels auf den Magen schlägt, sind bohrende Fragen der Opposition. In seiner E-Mail-Korrespondenz mit den Mietern hatte Mackenroth nämlich häufig seine Dienstmailadresse: „Mackenroth, Geert — Justiz, SMJ" verwendet. Um die Mieter mit seinem Justizapparat einzuschüchtern, vermutet deren Rechtsanwalt.
„Wieso darf der das?", fragt Linken-Politiker Klaus Bartl. Die private Nutzung von E-Mails ist allen Beschäftigten des sächsischen Justizministeriums untersagt. Der Minister gelte aber „nicht als Beschäftigter" des Ministeriums, teilte dieses daraufhin mit. Als was dann? „Gibt es zweierlei Recht? Oder steht Mackenroth außerhalb?", will Bartl wissen. Mit Hilfe von beißenden Anfragen im Landtag, so viel ist sicher, wird die Opposition mindestens knöcheltief in die Klodeckel-Affäre einsteigen.
Von Bernhard Honnigfort