Freie Presse, 15.05.2009
Plötzlich ist es einsam um den selbstbewussten Minister
Auch die CDU-Fraktion schont Justizchef Geert Mackenroth nicht — Opposition spricht von Realitätsverlust — Tillich und Flath leisten Beistand
Dresden. „Abwesend" stand auf der Teilnehmerliste, die vor dem Plenarsaal des Landtages auslag. Der Grund:' „Bundesrichter-Versammlung". Doch das Treffen mit den früheren Richterkollegen hatte Justizminister Geert Mackenroth (CDU) seiner Staatssekretärin Gabriele Hauser überlassen. So erlebte er in einer Parlamentsdebatte, wie dünn das Eis ist, auf dem er sich nach einer Serie kleiner Affären bewegt.
Bleich und mitgenommen wirkte der sonst vor Selbstbewusstsein strotzende Mann. Eine Welt voller Karriere Hoffnungen war in den letzten Wochen für den frisch an der Hüfte operierten Politiker eingestürzt. Der Streit um Gardinen und Klobrille in seinem ehemaligenHaus in Itzehoe hatte ihm Hohn und Spott eingebracht. Millionenfach rauschte es durch den Blätterwald, das Bild des forschen Aufsteigers, der mit amtlichem Einfluss und Macht seinen Vorteil sucht und dem Ex-Mieter zu Leibe rückt.
Einsam wirkte er gestern im Landtag. Wie ein Hieb traf ihn der Satz, den Parteifreund Marko Schiemann ihm mit Blick auf die Ministerbank in die Parlamentarierreihen entgegenschleuderte: „Aus vielen Gesprächen, insbesondere aus meiner CDU-Fraktion, weiß ich, dass es nicht so weitergehen kann." Den Beifall der Linken und Grünen könnte Schiemann, der notorische Kritiker aller Justizminister, nicht zurückholen. Denn sein Hinweis galt nicht großspuriger Amtsanmaßung oder kleinlicher Steuervermeidung hei der Vergabe von Gartenarbeiten. Es gehe nicht an, präzisierte er, „dass Abgeordnete im Zuge von Vorermittlungen öffentlich an den Pranger gestellt werden." Damit schob er Mackenroth den schwarzen Peter dafür zu, dass Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den SPD-Mann
Karl Nolle vorzeitig bekannt wurden. Von dem Vorgang habe er erst aus der Presse erfahren, versicherte der Justizminister. Für die Unabhängigkeit der Justiz werde er sich als Minister einsetzen, so lange er dieses Amt ausfülle.
Die aktuellen Affären umschiffte Mackenroth und handelte sich deswegen Vorwürfe von Klaus Bartl (Linksfraktion) ein. Er sprach von „völligem Realitätsverlust". Am Vortag, bei der Debatte um die Erhöhung der Beamtengehälter, hatte Jürgen Martens (FDP) vorgerechnet, dass ein Minister ab i. Januar nächsten Jahres 1290 Euro mehr in der Kasse habe. „Das reicht für den Gegenwert von 43 Massivholz-WC-Sitzen", lautete sein Hinweis auf die Nachforschungen des Ministers.
Als er noch fest im Sattel saß, stichelte Mackenroth gern mit seiner Absicht, Albrecht Buttolo (CDU) als Innenminister abzulösen. Jetzt ist Buttolo obenauf, und mit ihm freut sich das Kabinett, dass der Justizminister Kritik von ihnen ablenkt. Bei Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) musste der Justizminister bereits zum Rapport antreten. Doch Tillich wird an Mackeuroth festhalten, zumal dieser die Signale verstanden hat.
„Nichts ist für einen Spitzenpolitiker fataler als die kleinen, billigen Vorteile", kommentiert der Politologe Werner Patzelt die Pannenserie. Für Mackenroth könne es gefährlich werden, falls die Partei ihn nicht mehr stütze. Doch danach sieht es nicht aus. „Die CDU-Fraktion steht hinter ihm", sagte deren Chef Steffen Flath. Per Kandidatur im Wahlkreis Riesa bemüht sich der angeschlagene Minister um eine Absicherung seiner politischen Zukunft.
VON HUBERT KEMPER