Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 20.06.2009

Ist da noch mehr, Herr Tillich?

Kommentar von Jens Jungmann
 
Das Saubermann-Image von Ministerpräsident Stanislaw Tillich bröckelt! Trat der smarte Sorbe, wie er im vorigen Jahr noch gern umschrieben wurde, im Mai 2008 noch als völlig skandalfreier Ministerpräsident an, kommt nun eine brisante Geschichte nach der anderen ans Licht.

Im Herbstflog die „Biografie-Affäre" auf. Tillich hatte - nett ausgedrückt - gemogelt und nicht ganz vollständig seine DDR-Vergangenheit angegeben. Darüber konnten viele gelernte DDR-Bürger noch schmunzeln. Für andere war es ein Skandal.

Dann kam die „Fragebogen-Affäre". Hier wurde esfür den MP ernster: Ist doch bis heute nicht endgültig klar, ob er alle Fragen ausführlich und bis ins Detail genau beantwortet hat. Noch immer beschäftigen sich die Gerichte mit dem Fall.

und nun das! Tillich hat an zwei Enteignungen im Jahr 1989 mitgewirkt. Auch diesen Fall verschwieg er bis heute. Wohlwissend. dass dies eine ganz andere Qualität hat, als "nur" eine geschönte Biografie.

Skandalös ist jedoch, was offenbar in jüngster Vergangenheit getan wurde, um dem MP den Rücken frei zu halten: Recherchen von Pressekollegen wurden eiligst und eilfertig der Staatskanzlei gemeldet. Und während die noch den Saubermann Tillich propagierte, wurde offenbar schon dessen brisante Archiv-Akte in Kamenz gesäubert.

Es ist immer das gleiche Muster, nach dem die Staatskanzlei handelt: Schon bei den Ministerpräsidenten Biedenkopf und Milbradt lautete die Devise, wir geben nur zu, was nicht mehr zu leugnen ist. Scheibchenweise wurden so die beiden Rücktritte eingeläutet.

Als politischer Saubermann kann der Ministerpräsident jedenfalls nun nicht mehr in den Wahlkampf ziehen. "Ist da noch mehr, Kurt", fragte die CDU-Fraktion einst Kurt Biedenkopf, bevor er gehen musste.
Ist da noch mehr, Herr Tillich?

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