DNN/LVZ, 25.06.2009
Tillich-Biografie: Spekulationen um Akten aus Kamenzer Archiv
Dresden (J. K.). Während Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) gestern im Landtag seine Regierungserklärung hielt, gärte die Debatte um seine Rolle zu DDR-Zeiten weiter. Dabei geht es zum einen um die Tatsache, dass Tillich als Vize-Chef im ehemaligen Rat des Kreises Kamenz an zwei Enteignungen mitgewirkt hatte, einmal im Frühjahr 1989, dann im Dezember 1989 – ein Monat nach der Friedlichen Revolution. Zum anderen aber rückt zunehmend der Umgang mit den Akten in den Mittelpunkt. So soll ausgerechnet jener Teil der Bestände, die die Dezember-Enteignung betreffen, jetzt erst aus dem Archiv verschwunden sein.
Bei diesem Fall handelte es sich um das Haus einer Familie, die 1947 in den Westen gezogen war. Nachträglich stellte sich heraus, dass die Enteignung selbst laut DDR-Gesetz ein Willkürakt war. Für Furore sorgt nun die Tatsache, dass vor einigen Monaten ein Mitarbeiter der Staatskanzlei mehrere Tage die Akten durchsucht hatte. Das Brisante daran: Nach Aussage eines Mitarbeiters des SPD-Abgeordneten
Karl Nolle waren die Bestände im Herbst 2008 noch vollständig; als ein Journalist jetzt das Archiv aufsuchte, fehlte ein Teil.
Für zusätzliche Verwunderung sorgt, dass die Staatskanzlei über die Recherche des Journalisten informiert wurde – noch während dieser im Kamenzer Archiv war. Die Staatskanzlei sowie das zuständige Landratsamt Bautzen unter Landrat Michael Harig (CDU) hatten erklärt, keine Akten entnommen zu haben. Die Opposition fordert vehement Aufklärung, der Datenschützer prüft den Fall. Derzeit ist das Archiv wegen Sanierungsarbeiten nur eingeschränkt nutzbar, ab September ist es wieder vollständig geöffnet. Der zuständige Landrat Harig weilt zur Zeit im Urlaub.