Dresdner Morgenpost, 25.06.2009
Richtungsstreit bei den Sozialdemokraten
Jurks Rede sorgt für Entsetzen in der SPD
DRESDEN Offener Richtungsstreit in der SPD: Mit einer eigenen Regierungserklärung zog SPD Parteichef und Vize-MP Thomas Jurk den Ärger seiner Fraktion auf sich. Er lobte MP Tillich (CDU) und verteidigte ihn in der „Biografie-Affäre."
Es ist unüblich, dass der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten eine des Vize MP folgt. Insoweit wurde die Rede von Jurk mit Spannung erwartet. Doch der nicht abgesprochene Inhalt der Rede sorgte für Entsetzen in der SPD-Fraktion: Jurk lobte die Union für die gute Zusammenarbeit, bedankte sich namentlich bei Alt-MP Georg Milbradt (CDU) und pries gemeinSame Erfolge. Dafür gab's müden Anstandsapplaus von der verwunderten SPD.
Dann erklärte Turk zu Tillichs Biografie-Affäre: „Dem Ministerpräsidenten nach 20 Jahren noch vorzuwerfen, in der DDR Verantwortung übernommen zu haben, die heute einem stellvertretenden Landrat entspräche, wird seiner Lebensleistung nicht gerecht." Tillich und er hätten sich nicht vorhalten zu lassen, was sie zu DDR-Zeiten getan haben. Ein Angriff auf die bisherige Fraktions-Positionen und auf
Karl Nolle. Den Mitgliedern der SPD froren die Gesichtszüge ein. Dafür gab's großen Applaus und Gelächter von der CDU-Fraktion.
Das Gegenteil erklärte wenig später SPD-Fraktions Chef Martin Dulig: Et forderte in der laufenden Tillich-Debatte - u.a. wegen der fehlenden Akten in Kamenz Aufklärung. Damit setzte er sich vom Parteichef ab. Auch die Regierungsarbeit sah Dulig kritischer: „Wir hätten uns in der konkreten Arbeit mit der CDU mehr vorstellen können." Die Union habe oft gebremst und die Koalition mit der SLB-Pleite und dem Sachsensumpf „auf eine sehr harte Probe" gestellt. Diesmal starrte Jurk konsterniert ins Plenum. Thomas Jurk fühlte sich und seine Rede anschließend völlig missverstanden: „eigentlich wollte ich sagen, dass es Aufklärungsbedarf bei Herrn Tillich gibt."
Von Jens Jungmann