Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 22.12.2007

Zweistellige Renditen gibt es nur im Casino

 
Josef Ackermanns Deutsche Bank will 25 Prozent Rendite vor Steuern - und schaffte in der Vergangenheit noch mehr. Andere Banken erwarten mindestens 15 Prozent Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital, nach Steuern, versteht sich. Der Wettbewerb sei hart, argumentieren die Kreditinstitute. Wer auf dem internationalen Börsenparkett bestehen wolle, müsse zweistellige Renditen heranschaffen. Das würde von den Kapitalanlegern, also vorwiegend von reichen Privatpersonen und Pensionsfonds, "gefordert".

Da staunt der Laie und der Fachmann sollte sich wundern. Marktwirtschaft bedeutet flexible Gewinne - und die Anleger "fordern" zweistellige Renditen? Jeder mittelständische Unternehmer oder selbstständige Handwerker fragt sich, wer das erwirtschaften soll. Denn die Bank leiht das Geld ja nur an Sachinvestoren aus, die innovative Ideen in Produktivitätssteigerungen umzusetzen versuchen. Daraus müssen neben der Tilgung des Kredits auch die Zinsen bezahlt werden.

Wer ist jedes Jahr um ein Viertel produktiver? Welches Land wächst jährlich mit einer zweistelligen Wachstumsrate? Denn um eine solche Größenordnung muss es sich handeln, wenn das Kapital so fürstlich entlohnt werden soll. Oder geht es etwa darum, solche Renditen dauerhaft auf Kosten der Arbeit zu erzielen, indem die Löhne der Arbeitnehmer mit Produktivität und Inflation nicht mehr Schritt halten?

Solche Steigerungsraten kann man nicht durch reale Leistung zustande bringen. Zweistellige Gewinne gibt es, wenn überhaupt, nur beim Glücksspiel. Dort allerdings nur mit viel Risiko und niemals dauerhaft. Außer man mogelt permanent und zockt die restlichen Spieler ab. Dumm nur, wenn der Coup auffliegt. Dann ist die Pleite programmiert und der Hilfeschrei an den Staat folgt prompt.

Genau an diesem Punkt sind die Bankenmanager in diesem Sommer gelandet. Um die selbst verordneten Traumrenditen zu erreichen, wurden Finanzpakete geschnürt, deren Risiken die Banker schließlich selbst nicht mehr überblickten, geschweige denn die Käufer der Pakete. Da wurde in den USA jedem noch so einkommensschwachen Haushalt zu verschleierten Bedingungen ein Kredit aufgeschwatzt, der die Traumrenditen der Banker und Hedgefonds einfahren helfen sollte.

Dass die amerikanischen Arbeitnehmer mit einstelligen Einkommenssteigerungen auf Dauer keine zweistelligen Kreditzinsen zahlen können, kam niemand in den Sinn.

Nun ist das Kartenhaus zwar zusammengekracht, doch die Zocker und Rendite-Versprecher werden nicht zur Verantwortung gezogen. Im Gegenteil, der auf Tricks und Macht, aber nicht auf Wettbewerb basierende "Anspruch des Kapitals" wird nun teilweise mit Steuergeld bedient. SachsenLB und IKB lassen grüßen.

Kommen die Arbeitnehmer aber und wollen mit nur vier Prozent mehr entlohnt werden, die das Wirtschaftswachstum ohne weiteres hergibt, ist das Geschrei groß. Dadurch würden angeblich Millionen Arbeitsplätze gefährdet, heißt es dann. Dass hingegen der "Wettbewerb" um Phantasierenditen die Weltwirtschaft tatsächlich in Gefahr bringt, wird dabei geflissentlich verschwiegen.
VON HEINER FLASSBECK UND FRIEDERIEKE SPIECKER

Karl Nolle im Webseitentest
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