Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 29.06.1999

Erste Stadtrats-Sitzung droht zu platzen

Einsprüche gegen die Wahl bringen Zeitplan des Rathauses durcheinander
 
DRESDEN. Die erste Sitzung des neuen Stadtrates droht sich zu verschieben. Denn neben SPD-Unternehmer Karl Nolle haben jetzt noch drei weitere Dresdner Einspruch gegen die Wahl erhoben. Erst wenn über alle Einwände befunden ist, beginnt das Regierungspräsidium mit der Wahlprüfung. Und die kann bis zu einem Monat dauern. Schlimmstenfalls muß der Urnengang wiederholt werden.
Am 20. Juli, noch kurz vor den Sommerferien, will sich der neue Stadtrat konstituieren. Doch das Regierungspräsidium (RP) ist sich nicht sicher, ob es bis dahin die Wahl für gültig erklären kann. Grund dafür sind vier Einsprüche, die die Aufsichtsbehörde erst prüfen muß. Der spektakulärste kommt vom gescheiterten SPD-Kandidaten Karl Nolle. Weil die Stadt vor Wahllokalen Werbebus und -schilder des Druckereibesitzers entfernen ließ (SZ berichtete), reichte Nolle Einspruch beim RP, Klage beim Verwaltungsgericht und Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Wahlchef Wolf-Dieter Müller ein. "Werbung ist am Wahltag nur unmittelbar am Zugang zum Wahllokal verboten", sagt er. "Bus und Aufsteller standen aber schräg versetzt, mindestens 20 Meter entfernt auf der Straßenseite gegenüber." Nach Meinung von Nolle ließ die Stadt auch andere Plakate von DSU und Freien Bürgern unrechtmäßig einsammeln. "Litfaßsäulen mit CDU-Werbung indes wurden am Zugang zu Wahllokalen toleriert", sagt er. Wahlchef Müller bestreitet das. "Wir sind auf Beschwerde von Wählern eingeschritten", erklärt er. Die CDU-Werbung habe bleiben dürfen, weil Litfaßsäulen nicht unter die Wahlwerbe-Anordnung fielen. Die Aufsichtsbehörde war inzwischen vor Ort, um den Streit zu klären. "Wir rechnen Mitte der Woche mit einem Ergebnis", sagt Monika Kämpfer vom RP. Karl Nolle sieht durch die Abschleppaktion der Stadt sein Wahlergebnis geschmälert, will den Urnengang wiederholen lassen. "Das wird bestimmt nicht passieren", dazu Wahlchef Müller. "Denn selbst wenn ein Verfahrensfehler vorliegt, muß er sich auf das Wahlergebnis auswirken." Nolle würden jedoch knapp 1 100 Stimmen für den Einzug fehlen. Und die hätte er sicher auch mit Werbung nicht bekommen, zumal sein Auto erst 16 Uhr abgeholt worden sei. Trotzdem will Nolle bei Abweisung seines Einspruchs weiter vor Gericht um Rehabilitation kämpfen. "Die Stadt hat meinen Ruf beschädigt", sagt der Unternehmer, der im September für den Landtag kandidiert. Würde das Gericht Nolle Recht geben, müßte die Wahl doch noch wiederholt werden. Neben Nolle bringen noch drei andere Dresdner den städtischen Zeitplan mit Einsprüchen ins Wanken. Einer von ihnen ist Carsten Guse, der sein Recht auf unmittelbare Personenwahl verletzt sieht. Der Grund: Vielfach dürfen Kandidaten in den Stadtrat, die weniger Stimmen als ihre Parteifreunde sammelten. FDP-Nachwuchs Tino Wolter zum Beispiel kommt mit 1 069 Stimmen im Wahlkreis 10 ins Parlament, während FDP-Zugpferd Ingolf Roßberg mit 2 384 Stimmen im Wahlkreis 1 leer ausgeht. Ähnlich bei Karl Nolle, der den SPD-Damen Claudia Strahl und Ingrid Buckram trotz einiger Stimmen mehr den Vortritt lassen muß. Wahlchef Müller glaubt sich auch hier auf der sicheren Seite. "Laut Wahlgesetz wird die Anzahl der Sitze nach dem Gesamtergebnis einer Partei berechnet", sagt er. "Den Sitz bekommt nicht der, der die meisten Stimmen hat, sondern dessen Wahlkreis das beste Ergebnis erzielt." Doch selbst wenn das RP sämtliche Einsprüche abweist, könnte die erste Stadtratssitzung am 20. Juli noch platzen. Denn erst wenn über alle Einwände befunden ist, beginnt die förmliche Wahlprüfung. Die Aufsichtsbehörde darf sich dafür einen Monat Zeit lassen. "Wir hoffen", so Wahlleiter Müller, "daß das RP schneller fertig ist." RP-Sprecherin Kämpfer: "Wir beeilen uns!"
(von Katrin Saft)

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