Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 06.08.2009

Wahlkampf - SPD zwischen Nolle-Hoch und Umfragetief

 

Dresden. Beinah erleichtert sieht Thomas Jurk, der sächsische SPD-Chef, an diesem Mittag in einem Lokal an den Dresdner Elbwiesen aus, als die Sprache auf „seinen“ ewigen Querkopf Karl Nolle kommt. Kein Wunder vielleicht, denn der wohl umstrittenste Landtagsabgeordnete, der die CDU und ihre Ministerpräsidenten seit Jahren provoziert und mit vermeintlichen Skandalen oder tatsächlichen Enthüllungen quält, schlägt im Wahlkampf plötzlich sanfte Töne an. Natürlich sei er für eine Neuauflage von Schwarz-Rot, sagte Nolle der Freien Presse diese Woche. Selbstverständlich werde er Tillich im Landtag wählen, wenn es des Volkes Wille sei. „Ich habe die Koalition nie gefährdet.“ Es gebe keinen Feldzug gegen die CDU.

In den Ohren Jurks, der sich oft genug über Nolle geärgert hat, dürften diese Sätze Musik sein. „Alle wissen, dass wir an einem Strang ziehen müssen und geschlossen stehen“, sagt der Wirtschaftsminister zufrieden. Als Erklärung für die aktuelle Friedenspflicht vor der Wahl gilt in Parteikreisen aber noch ein anderer Hintergrund: Als Nolle in der Debatte um die DDR-Vergangenheit der CDU die Frau von Ministerpräsident Stanislaw Tillich angriff, ging Jurk deutlich auf Distanz zum Parteifreund. Kurz darauf wurde dem Buchautor („Sonate für Blockflöte und Schalmeien“) ausgerechnet an der heiklen Passage zu Frau Tillich auch noch ein Fehler vorgehalten. Nolle will nun in der nächsten Auflage seines Buches die „unterschiedliche Quellenlage“ darstellen.

Leichter geworden ist der Wahlkampf für Jurk trotzdem nicht. In einer aktuellen Forsa-Umfrage stürzte die Bundes-SPD auf 20 Prozent ab, vor allem wegen der Dienstwagenaffäre von Ministerin Ulla Schmidt. Das sei ein schwieriges Ergebnis, räumt Jurk ein und gibt sich dennoch kämpferisch. „Es stachelt mich eher an.“ Die Sachsen-SPD habe bewiesen, dass sie regieren könne. Sie sei nötig, um die Bildungsgerechtigkeit von der Kita bis zur Hochschule zu verbessern. „Die Menschen wollen den Freistaat als Sozialstaat erleben“, meint Jurk. Es gelte, Schwarz-Gelb zu verhindern. Die FDP habe mit ihren Forderungen den Landeshaushalt bereits doppelt überzeichnet und plakatiere trotzdem „Steuern runter“.

Die Ankündigung von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier bis 2020 vier Millionen Jobs schaffen zu wollen, habe ihn positiv überrascht, meint Jurk. In den Ökobranchen und im Gesundheits- und Pflegebereich könnten auch in Sachsen mehrere zehntausend neue Arbeitsplätze entstehen. Bei der Wahl will die SPD nach der historischen Pleite von 2004 mit 9,8 Prozent jetzt mindestens 15 Prozent der Stimmen holen.
Sven Heitkamp