Karl Nolle, MdL

DIE WELT, 27.08.2009

Unheilige Allianz mit alten Stasi-Kadern

Joachim Günther hat 1990 die liberalen Parteien in Ost und West vereinigt - Jetzt werfen dubiose Kontakte einen Schatten auf ihn
 

Berlin - Der FDP-Bundestagsabgeordnete Joachim Günther hat jahrelang mit ehemaligen Führungsoffizieren der DDR-Auslandsspionageabteilung HVA mehrere Unternehmen betrieben. Die Firmen, ausnahmslos in Berlin beheimatet, lassen sich von der Papierform her nur schwer einordnen: Ihr im Handelsregister ausgewiesener Geschäftszweck ist sehr breit angelegt - beispielsweise von der "Erstellung von Konzepten zur Realisierung ökonomischer Projekte mit internationaler Beteiligung" bis hin zum "Verkauf von Know-how für Herstellung und Vertrieb von Bauelementen".

An einer dieser Firmen hält der aus Sachsen stammende Günther nach wie vor Anteile. Er ist Miteigentümer der Iso-International Development & Consulting GmbH. Sein Partner dort ist mit Jürgen Czilinsky ein Ex-Stasi-Hauptmann, der einst unter anderem in Gießen eine Agentin mit dem Decknamen "Christine" betreut hatte. Bis April vergangenen Jahres waren Günther und Czilinsky außerdem Kommanditisten der Iso-mk Innovation Beteiligungs GmbH & CoKG.

Ebenfalls bis vor gut einem Jahr hielt das Duo zusätzlich auch Anteile an der Konsor Verwaltungs- und Beteiligungs GmbH. Dritter im Bunde war bei dieser Firma Jürgen Jahn, einst in der HVA mit "Militärspionage in der BRD" befasst. Auf Anfrage der WELT sagte er zu seinem damaligen Engagement: "Darüber will ich mich heute nicht mehr unterhalten."

Ähnlich wortkarg zeigte sich zunächst Freidemokrat Günther. Statt Fragen dieser Zeitung zu beantworten, schickte er den Justiziar der FDP-Fraktion vor. Dieser behauptet: "Günther hat nie gewusst, dass seine Geschäftspartner Mitarbeiter der DDR-Auslandsspionage waren." Der Jurist ließ offen, ob der Abgeordnete das noch bestehende Engagement mit Ex-Agent Czilinsky in der Iso-International beenden wird. Die Firma hat 2007 mit nur einem Beschäftigten einen Umsatz von 1,5 Millionen Euro erzielt. Später teilte Günther ergänzend mit, er sei 1999 "durch Firmenzusammenlegungen" an Czilinsky geraten. Von dessen Stasi-Hintergrund habe er erst am 20. August durch eine Presseanfrage erfahren.

Die Verbindungen des Abgeordneten mit Geheimdienstleuten sind zufällig publik geworden - durch einen Eklat im Fußball. Zweitliga-Spitzenreiter Union Berlin trennte sich am Montag dieser Woche von seinem Hauptsponsor International Sport Promotion (ISP). Zuvor war bekannt geworden, dass der Aufsichtsratschef der ISP einst der Stasi gedient hatte. Sein Name: Günther-Partner Jürgen Czilinsky. Die angeblich im Emirat Adschman ansässige ISP wollte in den Ostberliner Traditionsklub binnen fünf Jahren zehn Millionen Euro pumpen. Allerdings ließ Wohltäter Czilinsky offen, wer hinter der Firma steht und sprach vage von Eigentümern aus Afrika, Brasilien und dem arabischen Raum, die anonym bleiben wollten. Deshalb sorgte das im Juni verkündete Engagement von Anbeginn an für wilde Spekulationen. Das hätte Günther hellhörig machen können. Der FDP-Politiker wird von Fraktionskollegen als "unauffällig" beschrieben: "Meist meldet er sich zu Wort, wenn es um Geld geht."

Dabei hat Günther Parteigeschichte geschrieben: Er war nach dem Umbruch in der DDR daran beteiligt, dass sich die liberalen Parteien in Ost und West vereinigten. Dafür wurde er im August 1990 mit einem Posten im Präsidium des FDP-Bundesvorstandes belohnt. Im September 1990 kam der Posten als Parteichef in Sachsen hinzu. Kanzler Helmut Kohl machte Günther zum Staatssekretär im Bauministerium. Trotz seiner steilen Karriere blieb Günther in den eigenen Reihen als sogenannte Blockflöte aber umstritten. Der Konstrukteur war 1971 der SED-hörigen Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDPD) beigetreten, für die er ab 1985 als hauptamtlicher Kreissekretär in Plauen arbeitete. Sein Lebenslauf vor 1990 weist in Eigendarstellungen bemerkenswerte Lücken auf, die selbst einschlägige biografische Nachschlagewerke nicht zu schließen vermögen.

In seiner Heimatstadt Plauen jedoch ist Günther unangefochten. Dank seiner Initiative will dort jetzt die rumänische Privatuniversität Spiru Haret of Bukarest, nach eigenen Angaben mit 300 000 eingeschriebenen Studenten die größte ihrer Art in Europa, eine Filiale errichten. Seit Juni 2009 hat die Universität auch eine Außenstelle in Berlin an der Friedrichstraße.

Von Uwe Müller