Karl Nolle, MdL

Agenturen, ddp-lsc, 26.08.09, 15:15 Uhr, 29.08.2009

Karl Nolle auf eigener Wahlkampftour - Der sächsische SPD-Politiker greift weiter CDU-Politiker wegen ihrer DDR-Biographie an.

 

Dresden (ddp). Während sich die SPD im Landtagswahlkampf immer wieder neue Auseinandersetzungen mit der FDP liefert, geht ein Sozialdemokrat unermüdlich weiter auf seine eigene Wahlkampftour: Karl Nolle gibt Leseproben aus seinem im Juni veröffentlichten Buch "Sonate für Blockflöten und Schalmeien", in dem er die DDR-Biografien sächsischer CDU-Politiker auseinandernimmt, darunter auch die Vergangenheit von Ministerpräsident Stanislaw Tillich. Nolle gefällt sich in der Rolle des Gegenspielers.

Er gilt vielen als am besten informierter Landtagsabgeordneter in Sachsen. Diesen Ruf erwarb er sich in der Endphase der Regierung von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU). Dieser stürzte einst über eine Reihe von Affären, deren Bekanntwerden Nolle zugeschrieben wird. Seit dieser Zeit gilt unter Informanten im Freistaat offenbar die Regel, dass brisantes Material die gewünschten Schlagzeilen dann garantiert, wenn es dem Sozialdemokraten zugespielt wird.

Damals freilich gehörte der gebürtige Niedersachse noch zum Oppositionslager. Seit Ende 2004 musste er sich im Spagat versuchen: gleichzeitig angreifen und zustimmen. Bei den Abstimmungen im Landtag hielt er sich jedoch stets an den Koalitionsvertrag, demzufolge es von der Regierungslinie abweichendes Stimmverhalten nicht geben darf.
 
Nolle will am Sonntag über SPD-Listenplatz 14 wieder in den Landtag einziehen. Noch vor fünf Jahren erzielten die Sozialdemokraten mit 9,8 Prozent das schlechteste Ergebnis der SPD bei einer Landtagswahl in der Geschichte der Bundesrepublik. Das reichte gerade einmal für 13 Sitze im sächsischen Parlament. Nolle kämpft nun also auch um seine eigene politische Zukunft.
 
Aus Sicht seiner Kritiker besteht kein Zweifel daran, dass er diese selbst am meisten gefährdet. Nach Ansicht von Sachsens Ex-Innenminister Heinz Eggert (CDU) - dem Nolle in seinem Buch ein 17-seitiges Kapitel gewidmet hat - wirkt der Landtagsabgeordnete momentan so negativ für die SPD in Sachsen wie Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt durch ihre Dienstwagen-Geschichte auf Bundesebene. Nicht gemeint damit sind die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dresden wegen Subventionsbetrugs gegen den Druckereiunternehmer Nolle.
 
Tatsächlich scheint Nolles Buchveröffentlichung die Reihen der sächsischen CDU geschlossen zu haben, während sie der SPD internen Krach bescherte. So sah der Parteichef und Spitzenkandidat Thomas Jurk durch Nolles Passagen zu Tillichs Familienangehörigen öffentlich "den Bogen überspannt". Etwa ein Dutzend Lesungen hat Nolle bereits absolviert und nach eigenen Angaben mehr als 5000 Exemplare seines Werkes verkauft. Die dritte Auflage sei bereits in Vorbereitung, spätestens Anfang kommender Woche werde nachgedruckt, kündigt Nolle an. Er spricht von einer großen Nachfrage - nach seinem im eigenen Verlag erschienenen "politischen Sachbuch", aber auch nach seinen Lesungen.

Langes Vorlesen ist nicht Nolles Art, vielmehr erzählt er auf der Tour von den Anfeindungen gegen ihn, seinen Recherchen und seiner Motivation. Vom Publikum erntet er dafür sowohl Zuspruch als auch Ablehnung. Nolle sagt, er habe das Buch "nicht für die 40 Prozent CDU-Wähler geschrieben" oder um sich Freunde zu machen, sondern um ein Problembewusstsein zu schaffen.
 
Tatsächlich waren Nolles Buch auch Aussagen von Tillich vorausgegangen, wonach dieser vor der Wende - als Familienvater auf dem Lande lebend - mit Politik wenig zu tun gehabt habe. Nolle machte auf Ungenauigkeiten in von Tillich nach der Wende verwendeten Lebensläufen zu seiner DDR-Vita aufmerksam. Auch SPD-Fraktionschef Martin Dulig betonte mehrfach, dass es in der Auseinandersetzung nicht um Nolle gehe, "sondern um die Glaubwürdigkeit von Herrn Tillich".

Falls die SPD zur Wahl am Sonntag weniger als die mindestens angestrebten 15 Prozent einfährt, steht der Partei eine Debatte um die Schuld an der Niederlage bevor, in der dennoch auch der Name von Nolle fallen dürfte. Zumindest für den von den Demoskopen seit Wochen vorhergesagten Fall einer Regierungsmehrheit von CDU und FDP und den damit absehbaren Gang der SPD in die Opposition können sich die Sozialdemokraten keinen Besseren wünschen als Nolle.

Von ddp-Korrespondentin Romy Richter
ddp/ror/fgr xpl076
26.08.09 15:15


Anmerkung von Karl Nolle: Ich greife heutige CDU-Funktionäre und  Ex. Blockflöten nicht wegen ihrer Biographien  an, sondern wegen ihres  Umganges damit.  "Nicht die Biographien sind eine Schande, sondern der heutige Umgang damit:"