Karl Nolle, MdL
Freie Presse, 11.04.2001
TED: Drei Viertel lehnen das Büro Ingrid Biedenkopfs ab
Leser entscheiden sich in Telefonumfrage gegen Büro Ingrid
Freie Presse 11.04.2001
TED: Drei Viertel lehnen das Büro Ingrid Biedenkopfs ab
Chemnitz/Dresden. Die Mehrheit der Leser, die sich an der TED-Umfrage der "Freien Presse" beteiligt haben, sind der Meinung, man könne auf das Bürgerbüro von Ingrid Biedenkopf verzichten. Insgesamt 14503 Leser hatten sich gestern an der Umfrage beteiligt, 10838 von ihnen, oder 74,7 Prozent, waren der Meinung, eigentlich gibt es andere Institutionen in Sachsen, die die Arbeit des Büros erledigen müssten. Nur 25,3 Prozent - oder 3665 Leser - glauben, das Büro sei eine gute Sache und sollte erhalten bleiben.
Mit einem internen Prüfbericht will die Sächsische Staatsregierung nun Licht in das Dunkel möglicher Vergünstigungen bringen, die das Ehepaar Biedenkopf, amtierende oder frühere Minister seines Kabinetts und andere Nutzer des Gästeshauses in der Dresdner Schevenstraße in Anspruch genommen haben. Eine Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Ingrid Weis, der stellvertretenden Präsidentin des Regierungsbezirks Dresden, soll bis zur nächsten Sitzung des Haushalts-und Finanzausschusses berichten. Sollten Missstände aufgedeckt werden, so würden selbstverständlich Rückzahlungen geleistet, betonte Staatskanzlei-Chef Georg Brüggen.
Biedenkopf habe sich selbst für die gründliche Überprüfung ausgesprochen, nachdem sich in den letzten Tagen herausgestellt habe, dass "einige Fragen ohne umfassendere Recherche nicht oder nur unzureichend zu beantworten waren". Dazu zählt unter anderem, wer und wie lange im Gästehaus untergebracht war, welche Miethöhe und welche steuerlichen Verpflichtungen bestanden oder wie viele Beschäftigte mit welchen Aufgaben unter Vertrag waren. Offengelegt werden soll auch die Bezahlung von Dienstreisen Biedenkopfs und die Nutzung von Dienstwagen.
(von Hubert Kemper und Rudolf Trinks)
Kommentar: Hoffnungsnummer
Leser entscheiden sich in Telefonumfrage gegen Büro Ingrid
Von Hartmut Petersohn
Das norwegische Königspaar hat es gut: Es wird von den Untertanen hochverehrt und ist über jede Kritik erhaben. Um das sächsische Königshaus gibt es dagegen seit Wochen Stunk. Nur, haben sich die Norweger in ihrer Verfassung von 1814 eben für eine konstitutionelle Erbmonarchie entschieden. In den letzten Jahren schien es allerdings, als hege mancher Sachse ähnliche Träume. Die liebvolle Bezeichnung für den Ministerpräsidenten als König Kurt und die Erhebung seiner Ehefrau in den Stand der Landesmutter, mag deren Lebensleistung krönen. Gewiss spiegelte sich darin auch die Sehnsucht nach einem Stück Verlässlichkeit in den Umbrüchen des vergangenen Dezenniums. Was könnte sie besser suggerieren als eine starke Vaterfigur und eine treusorgende Landesmutter. Dieses Anlehnungsbedürfnis muss einen Demokraten misstrauisch stimmen, Zweifel an der Mündigkeit seiner Mitbürger wecken. Die Umfrage der "Freien Presse" hat sie ausgeräumt, Hoffnungen auf ein Ende der "Hofhaltung" greifen um sich.
Gefragt war nach der Rechtmäßigkeit des "Büros Ingrid Biedenkopf". Eine Mehrheit von 74,7 Prozent der Anrufer entschied sich gegen das Büro, das die "Freie Presse" in einem satirischen Beitrag schon Mitte März aufs Korn genommen hatte. Darin wurde die SPD-Politikerin Barbara Ludwig zitiert, die forderte: "Landesmutter ist ein Ehrenamt". Ludwig hatte argumentiert, dass es zwar ehrbar sei, wenn sich die Frau des Ministerpräsidenten sozial engagiere - aber dass gehöre auf keinen Fall staatlich finanziert. Die Mehrheit der Anrufer sieht das auch so.