Karl Nolle, MdL
6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf , Beschluss vom 9.12.2009, 17.01.2010
IKB Deutsche Industriebank AG: Sonderprüfer soll mögliche Pflichtverletzungen von Vorstand und Aufsichtsrat prüfen
11.12.2009, Pressemitteilung Nr. 39/09
des Oberlandesgerichts Düsseldorf
Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat entschieden, dass das Landgericht Düsseldorf zu Recht einen Sonderprüfer für die IKB Deutsche Industriebank AG (IKB) bestellt hat. Der Sonderprüfer soll mögliche Pflichtverletzungen in Zusammenhang mit der Krise der Bank im Sommer 2007 aufklären.
Die Aktionäre der IKB hatten in der Hauptversammlung vom 27.3.2008 zunächst mit den Stimmen der KfW einen Sonderprüfer bestellt. Nachdem die KfW jedoch ihr Aktienpaket an eine Tochter der amerikanischen Investmentgesellschaft „Lone Star“ verkauft hatte, ist in der Hauptversammlung vom 25.3.2009 die Bestellung des Sonderprüfers wieder aufgehoben worden. Aktionäre der IKB waren dagegen gerichtlich vorgegangen, und das Landgericht Düsseldorf hatte am 14.8.2009 die Bestellung des Sonderprüfers angeordnet.
Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat am 9.12.2009 die landgerichtliche Entscheidung bestätigt. Nach Auffassung des Senats ist ein Sonderprüfer zu bestellen (§ 142 Absatz 2 Aktiengesetz), weil hinreichender Verdacht bestehe, dass Vorstand und Aufsichtsrat in erheblichem Maße ihre Sorgfalts- und Überwachungspflichten verletzt haben könnten.
Zur Begründung verweist der Senat darauf, dass die IKB sich überhaupt nicht, allenfalls nur in geringem Umfang, im Verbriefungsmarkt (Investments in internationalen Kreditportfolien, Subprime-Markt, Kreditzusagen für Zweckgesellschaften) hätte betätigen dürfen: Satzungszweck der IKB sei die Förderung der gewerblichen Wirtschaft, insbesondere des Mittelstandes.
Außerdem bestehe der hinreichende Verdacht, dass der Vorstand sich nicht ausreichend informiert oder bewusst übergroße Risiken eingegangen sei und so seine Pflichten grob verletzt habe. Bereits aufgrund der Intransparenz des Verbriefungssegments sei es kaum möglich gewesen, die Risiken abzuschätzen. Auch die Bonitätsbewertungen der Rating-Agenturen könnten Vorstand und Aufsichtsrat nicht von der Pflicht zu eigener Information entbinden.
So liege der Interessenkonflikt der Rating-Agenturen auf der Hand: Die Agenturen bewerteten Finanzprodukte, bei deren Gestaltung sie selbst im Vorfeld den jeweiligen Auftraggeber beraten hätten.
Die IKB habe im Übrigen nicht substantiiert dargelegt, dass überhaupt ein IKB-internes wirksames Ratingsystem bestanden habe. Auch verstoße es gegen ein sorgfältiges Bankmanagement, wenn Kreditrisiken nicht ausreichend gestreut worden sein sollten. Ferner bestehe der Verdacht, das wesentliche Kontrollaufgaben in unzulässiger Weise auf die Zweckgesellschaft, die IKB Capital Asset Management GmbH, übertragen worden seien.
Die Entscheidung ist rechtskräftig und ist in etwa zwei Wochen im Internet unter www.nrwe.de abrufbar.
(6. Zivilsenat, Beschluss vom 9.12.2009, Aktenzeichen I-6 W 45/09)
Düsseldorf, 11. Dezember 2009