Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 21.04.2010
Stasi-Vorwürfe: Dresdner IHK-Chef tritt zurück
Dresden. Der Präsident der Dresdner Industrie- und Handelskammer (IHK), Hartmut Paul, wirft hin. Nach wochenlangem Tauziehen um seine Zukunft an der Spitze der Kammer werde der 66-Jährige am Mittwoch auf einer Vollversammlung eine entsprechende Erklärung verlesen lassen, hieß es aus IHK-Kreisen in Dresden. Er selbst werde nicht zugegen sein. Grund sind Stasi-Vorwürfen gegen Paul. Als möglicher Nachfolger für das Spitzenamt wird der bisherige Vizepräsident Christian Doerr, Geschäftsführer der Dr. Doerr Feinkost GmbH Dresden, gehandelt.
Im Herbst vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass die Birthler-Behörde den IHK-Chef als Informanten des MfS bewertet. Paul hatte erklärt, nie eine Verpflichtungserklärung unterschrieben und keine Berichte verfasst zu haben. Auch habe er nicht gewusst, dass er als Inoffizieller Mitarbeiter geführt worden sei. Der ehemalige Restaurantchef im Ostberliner Fernsehturm, der soll bereits als Kellnerlehrling in Leipzig von der Stasi angesprochen worden sein. Das soll aus Dokumenten der Stasi-Unterlagen-Behörde in Berlin hervorgehen. Paul war demnach jahrelang unter dem Decknamen „IM Lerche“ geführt worden. Zunächst ließ der Präsident sein Amt ruhen.
Die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) hatte indes unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe seinen Rücktritt gefordert. Nach internen Querelen zum Thema Akteneinsicht hat ihm offensichtlich auch die engere Führung der Dresdner IHK am Ende die Rückendeckung verweigert. Paul ziehe daraus nun die Konsequenzen, hieß es gestern.
Der 1944 in Rathen geborene Paul war nach Lehre als Kellner, Ausbildung zum Koch, Studienabschluss an der Hotel- und Gatstätten-Fachschule Leipzig von 1981 bis 1989 Gastronomiechef im Fernsehturm Berlin. Von 1989 bis 1991 arbeitete er als Vizedirektor des Hotels Dresdner Hof (jetzt Hilton Dresden). Anschließend übernahm er den Direktorenposten der vier Interhotels Prager Straße und von 1992 bis 1998 den gleichen Job im Hotel Mercure Newa Dresden. Seit August 1998 leitet er als Geschäftsführender Gesellschafter das Hotel „Goldener Anker“ in Radebeul.
Hartmut Paul wurde im Mai 1995 erstmals zum Präsidenten der IHK Dresden gewählt. 2008 bestätigten ihn die Mitglieder der Interessenvertretung von rund 93000 Unternehmen für weitere vier Jahre in dem Amt. Er habe sich nichts vorzuwerfen, wurde Paul nach dem Bekanntwerden der Stasi-Vorwürfe Ende 2009 zitiert. Mit seinem Präsidentenamt ist nun trotzdem vorzeitig Schluss.
sk/J.K