Karl Nolle, MdL
Agenturen dapd, 16:59 Uhr, 29.08.2011
Staatsanwälte gehen gegen Dresdner Anwalt vor
Linke-Politiker soll unzulässig Informationen aus Strafverfahren weitergegeben haben
Dresden (dapd-lsc). Ein halbes Jahr nach Protesten gegen Neonazis in Dresden ist der Linke-Politiker und Rechtsanwalt André Schollbach ins Visier der Ermittler geraten. Ihm werde die unzulässige Preisgabe von Informationen aus einem laufenden Strafverfahren vorgeworfen, teilte die Staatsanwaltschaft Dresden am Montag in Dresden mit und bestätigte damit einen Bericht der «Süddeutschen Zeitung». Schollbach wies den Vorwurf zurück. Die Spitze der Linkspartei in Sachsen sprach von einem Einschüchterungsversuch.
Schollbach soll aus einem laufenden Verfahren, bei dem er die Linkspartei als Anwalt vertreten hat, ein Schriftstück an die Medien weitergegeben haben. Dabei soll es um den Einsatz von Geräten zur Ortung von Handys in Dresden am 19. Februar gegangen sein, sogenannte Imsi-Catcher. Mit dem Thema hatte sich im Juni auch der Landtag befasst.
Landesinnenminister Markus Ulbig (CDU) war damals in Erklärungsnot geraten. Er hatte im Landtag den Einsatz der Technik bestritten, später verwies er auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft. Die Ermittler hatten schließlich eingeräumt, am Rande der Demonstration am 19. Februar seien auch Imsi-Catcher zur Ortung eingesetzt und in Einzelfällen Handygespräche abgehört worden.
In Dresden war es bei Protesten gegen Neonazis zu Ausschreitungen gekommen. Das Vorgehen der Ermittler, insbesondere die massenhafte Abfrage von Handy-Daten, sorgte bundesweit wiederholt für Schlagzeilen.
Schollbach, der auch Linke-Fraktionschef im Dresdner Stadtrat ist, hat die Linkspartei bereits in mehreren Verfahren als Anwalt vertreten. Dabei ging es auch um eine umstrittene Durchsuchungsaktion im «Haus der Begegnung» in Dresden nach den Protestaktionen gegen Neonazis.
Schollbach nennt Vorwurf absurd
In dem Haus befindet sich auch ein Büro der Linkspartei. Schollbach erhob für seine Partei bereits eine Schadensersatzforderung und eine Klage, um die Rechtswidrigkeit der Polizeiaktion feststellen zu lassen. Das Land Sachsen musste daraufhin bereits mehrere tausend Euro Schadensersatz zahlen.
Schollbach sagte auf Anfrage, der gegen ihn erhobene Vorwurf sei absurd. Den Strafverfolgern gehe es offensichtlich darum, einen «unbequemen Anwalt zu verunsichern». Linke-Landesvorsitzender Rico Gebhardt sagte der Nachrichtenagentur dapd, die Ermittlungen machten ihn sprachlos. Er werde das Gefühl nicht los, dass ein missliebiger Anwalt eingeschüchtert werden solle. «Das Ganze sieht wie eine Art Abrechnung aus.»
Die Staatsanwaltschaft Dresden wies die Kritik als abstrus zurück. Sprecher Lorenz Haase sagte der dapd, seine Behörde sei an Gesetze gebunden. Wenn es Anhaltspunkte auf Straftaten gebe wie in diesem Fall, müsse ermittelt werden. Von einer Retourkutsche könne keine Rede sein. Im Falle einer Verurteilung droht Schollbach eine Haftstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe.
dapd/lr/bv /1
291659 Aug 11