Karl Nolle, MdL

Agenturen dapd, 17:10 Uhr, 29.09.2011

Linke-Fraktionschef muss um Immunität bangen

Endgültig entscheidet Landtag - Hahn beklagt politischen Missbrauch
 
Dresden (dapd-lsc). Sachsens Linke-Fraktionschef André Hahn soll seine parlamentarische Immunität verlieren. Das hat am Donnerstag der zuständige Landtagsausschuss für Immunitätsangelegenheiten empfohlen. Die endgültige Entscheidung wird der Landtag voraussichtlich in seiner nächsten Sitzung im Oktober treffen, weil das Votum nicht einstimmig ausfiel. SPD und Grüne kritisierten die Entscheidung scharf.

Stimmt auch das Parlament mit für die Immunitätsaufhebung, kann die Staatsanwaltschaft Dresden wie beabsichtigt gegen Hahn vorgehen. Die Anklagebehörde wirft ihm einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vor und will öffentliche Klage erheben. Hintergrund sind Blockaden eines Neonazi-Aufmarsches im Februar vergangenen Jahres in Dresden.

Hahn bestreitet, als angeblicher Rädelsführer dazu aufgerufen zu haben und spricht von einem politisch motivierten Verfahren. Er solle als einzige Person aus Sachsen nur deshalb angeklagt werden, weil er Fraktionsvorsitzender sei.

Nach Angaben der Linksfraktion stimmten im Ausschuss elf Mitglieder für die Aufhebung, sieben waren dagegen. Wie es hieß, fiel die Entscheidung mit den Stimmen der CDU/FDP-Koalition. Das letzte Wort hat nun der Landtag.

Zwtl.: Hahn wirft Regierung Einflussnahme vor

Hahn nannte die Entscheidung befremdlich und warf dem Justizministerium vor, direkten Einfluss auf das Verfahren genommen und «ungeniert mitgemischt» zu haben. Nach seinen Angaben soll in einer Antwort der Staatsanwaltschaft auf Fragen des Ausschusses auf diese Weise unter anderem eine Formulierung zu «immunitätsrechtlichen Bedenken» gestrichen worden sein.

Das Justizministerium wies den Vorwurf zurück. Die Staatsanwaltschaft habe zwar immunitätsrechtliche Bedenken geäußert. Dabei sei es aber allein um den Umfang der nachträglich angeforderten Informationen gegangen.

Die Staatsanwaltschaft selbst nannte die Vorwürfe absurd. Die angeforderten Informationen deuteten darauf hin, dass der Ausschuss auch die Frage des Tatverdachts habe prüfen wollen. Bedenken wegen der Immunität des Abgeordneten habe es von Anfang an nicht gegeben.

Hahn appellierte an den Landtag, das Votum des Ausschusses zu korrigieren. Unabhängig davon sehe er einem möglichen Gerichtsverfahren «mit allergrößter Gelassenheit entgegen». Es sei offenkundig, dass die Teilnehmer der Blockaden am 13. Februar des Vorjahres freiwillig gegen die Nazis protestiert hätten und nicht von ihm dorthin beordert worden seien.

Der Grünen-Abgeodnete Karl-Heinz Gerstenberg erklärte, er sehe weiterhin Verdachtsmomente für eine «willkürliche Strafverfolgung». Er verwies darauf, dass in anderen Fällen Verfahren wegen geringer Schuld eingestellt worden seien. SPD-Ausschussmitglied Karl Nolle sprach von einem weiteren «erschreckenden Beispiel» dafür, dass in Sachsen «Ermittlungsverfahren als Strafe» gegen missliebige Personen geführt würden.

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291710 Sep 11