Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 21.11.2011
Geistige Brandstifter - Das Musiklabel PC Records. brachte seit Gründung im Jahr 2000 rund 80 Platten ausschließlich rechtsextremer Bands heraus.
Enthüllungen über Terror-Zelle rücken auch andere rechtsextreme Umtriebe ins Visier
Chemnitz. Trotz seines französischen Vornamens genießt Yves Rahmel in der Neonazi-Szene einen guten Ruf. Der aus Brandenburg stammende 30-jährige Unternehmer betreibt im größten Chemnitzer Plattenbaugebiet seit Jahren das Musiklabel PC Records. Seit Gründung im Jahr 2000 brachte die Firma rund 80 Platten ausschließlich rechtsextremer Bands heraus.
Während sich mancher Nazi-Chic verkaufende Shop-Betreiber oder Versandhändler oft dem Vorwurf der Szene ausgesetzt sieht, mit der "nationalen Gesinnung" seiner Kunden schlicht Geld machen zu wollen, steht Yves Rahmel über solcher Kritik. Er unterstützt Veranstaltungen der NPD, der Jungen Nationaldemokraten und verschiedener Kameradschaften. Beim von den Thüringer Neonazis André K., Ralf W. und Thomas G. organisierten "Fest der Völker" in Jena und Altenburg half er finanziell. "Er ist bekannt dafür, dass er von seinen Gewinnen einiges zurückfließen lässt", sagt Jens Paßlack vom Mobilen Beratungsteam des Kulturbüros Sachsen, das sich mit der Neonazi-Szene der Region befasst und Aufklärungsarbeit leistet.
Ein Lied auf den "Döner-Killer"
Eine sogenannte Schulhof-CD der Kameradschaft Hof, von der man 2007 mehr als 500 Exemplare beschlagnahmte, soll von Rahmel produziert worden sein. Beschlagnahmt wurden im Vorjahr auch sämtliche greifbaren Exemplare des von PC Records herausgegebenen Albums "Adolf Hitler lebt" einer Band, die sich "Gigi und die braunen Stadtmusikanten" nennt. Wer hinter dem Band-Namen steckt, ist unklar. Szene-Kenner mutmaßen, dass der Sänger der Rechtsrock-Gruppe Stahlgewitter mit von der Partie ist
Link zur vollständigen Dokumentation des Liedtextes:
http://www.karl-nolle.de/aktuell/medien/id/10909
Auf Hinweis des Landeskriminalamtes landete das Album im vergangenen Jahr auf dem Index B der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Während eine A-Indizierung lediglich Werbung und Verkauf an Minderjährige untersagt, steht bei der B-Liste der Verdacht einer Straftat im Raum. Bis zum Ausräumen solcher Vorwürfe ist ein derart indizierter Tonträger verboten. Gegen Rahmel wird in der Sache ermittelt. Einzelheiten gibt die Chemnitzer Staatsanwältin Ingrid Burghart mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht preis. Auf dem Index landete die Platte aber unter anderem, weil in einem Titel der Holocaust geleugnet wird.
Vor dem Hintergrund der Bekennervideos zur sogenannten Döner-Mordserie, die jetzt in der ausgebrannten Wohnung des Zwickauer Terror-Trios Uwe M., Uwe B. und Beate Z. gefunden wurden, erscheint nun ein weiteres Lied der Platte in neuem Licht. Der Titel "Döner-Killer" thematisiert die zum Zeitpunkt des Erscheinens der Platte noch fruchtlose Suche der Soko Bosporus nach jenem Phantom, das deutschlandweit neun ausländische Kleinunternehmer erschoss. Eine Verbindung zu den mutmaßlichen Tätern der Mordserie habe er nie gehabt, sagte Plattenproduzent Rahmel jetzt auf Anfrage. Die Thematisierung des Kriminalfalls im Lied sei reiner Zufall und erfolge außerdem "in ironisch-satirischer Weise", betont er: "Daran ist nichts strafbar. Das wurde vorher alles geprüft."
Ob eine direkte Verbindung Rahmels oder der "Braunen Stadtmusikanten" zur Terrorzelle zu ziehen ist, müssen die Ermittler klären. Immerhin gibt es den Berührungspunkt zu den Co-Organisatoren der "Feste der Völker", André K. und Ralf W.. Die beiden Thüringer Neonazis gehörten noch vor dem Abtauchen des Zwickauer Trios vor fast 13 Jahren zu dessen engstem Kreis. In ihrer sogenannten Kameradschaft Jena gab es nach Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel nur sechs Personen: die toten mutmaßlichen Eisenacher Bankräuber Uwe B. und Uwe M., die inhaftierte Beate Z., den inzwischen in Niedersachsen festgenommenen Holger G. und die beiden eingangs erwähnten "Fest-der-Völker"-Organisatoren.
Für Aufklärer Paßlack steht neben einer eventuellen Direktverbindung Rahmels zur Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund aber vielmehr die allgemeine Verbindung im Raum. Das Terror-Trio aus Zwickau habe schließlich "nur umgesetzt, was deren Ideologie sagt. Und Yves Rahmel ist einer, der diese Ideologie maßgeblich in die Welt trägt", sagt Paßlack. Gewaltverherrlichung, Ausländerhass, NS-Huldigung kommen schließlich in den meisten rechtsextremen Texten vor. Im Text des Liedes vom "Döner-Killer" heißt es unter anderem: "Doch die Lust am Töten ist nicht gestillt." Der Titel endet mit der Zeile "neun sind nicht genug". Satire oder auffordernde Huldigung? Diese Frage zu beantworten, obliegt Ermittlungsbehörden und Gerichten.
Wenn Rahmel darauf verweist, dass die Texte schon vor Veröffentlichung hinsichtlich strafrechtlicher Relevanz überprüft worden seien, überrascht das Aufklärer Paßlack nicht. Die von der rechten Szene oft konsultierte Hamburger Anwältin Gisa P. stellte für die CD angeblich ein Gutachten aus.
"Die versuchen immer die Grenze dessen,
was noch zulässig und strafrechtlich nicht
greifbar ist, genau auszureizen",
urteilt Paßlack. Unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz steht für ihn aber fest, dass es sich um geistige Brandstiftung handelt.
Neuer Neonazi-Treff in Chemnitz
Aus Sicht der Neonazi-Szene zeigte sich Yves Rahmel vergangene Woche erneut von seiner besten Seite. Er stellte einen im Vorjahr von ihm gekauften Gasthof im Chemnitzer Ortsteil Markersdorf für eine Veranstaltung zur Verfügung, bei der NPD-Berater Olaf Rose als Redner geladen war. Der Verfassungsschutz ging bereits vor einem Jahr davon aus, dass das Gebäude künftig als Szenetreff dienen solle. Was er dort plane, dazu äußerte sich Rahmel gestern nicht. Es sei aber "kein Schulungszentrum der NPD". Vorm Entstehen eines solchen war in der Stadt seit Monaten gewarnt worden. Rahmels Behauptung ungeachtet folgten rund 300 Chemnitzer einem Aufruf aller demokratischen Parteien im Stadtrat und versammelten sich vor besagtem Grundstück Markersdorfer Straße 40. Friedlich demonstrierten sie gegen den Neonazi-Treffpunkt. (fp)
Von Jens Eumann
Feuerwehr sieht Ungereimtheiten nach Zwickauer Brand
Zwickau (dapd). Ein an dem Löscheinsatz in Zwickau am 4. November beteiligter Feuerwehrmann sieht Ungereimtheiten nach dem Brand des Hauses. "Nach dem, was ich während dieses Einsatzes gesehen habe, muss ich mich sehr wundern, was dort zwei Tage danach noch alles in der Brandruine gefunden wurde", sagte er der Bild am Sonntag. Gemeint sind: Die Tatwaffe der Mordserie an neun ausländischen Kleinunternehmern, ein USB-Stick mit den Namen politischer Gegner und mehrere Bekenner-Videos auf DVD.
Am 4. November hatte die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Z. in dem Haus großflächig Benzin vergossen, anschließend mit benzingetränkten Lappen eine Lunte bis zur Haustür gelegt und angezündet. Die Brandentwicklung war so heftig, dass es schon wenige Minuten später zu einer heftigen Explosion kam. 16 Feuerwehrleute und vier Löschzüge brauchten mehr als zehn Stunden, um den Brand zu löschen.