Karl Nolle, MdL

Die Welt, 10.12.2011

MDR-Affäre: Großrazzia in sechs Bundesländern

 
Berlin – Die Affäre um den früheren Unterhaltungschef des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), Udo Foht, zieht immer größere Kreise. Nach Informationen von WELT ONLINE hat die Leipziger Staatsanwaltschaft am Donnerstag dieser Woche eine bundesweite Razzia durchführen lassen. Der Sprecher der Behörde, Oberstaatsanwalt Lutz Lehmann, bestätigte den Vorgang: „Wir haben 19 Objekte in sechs Bundesländern durchsucht.“ Von der Maßnahme seien mehrere TV-Produktionsfirmen und auch Wohnungen betroffen gewesen. Die Fahnder hatten bereits im September eine bundesweite Razzia veranlasst.

Der ehemaligen MDR-Unterhaltungschef Foht gilt als Hauptbeschuldigter in dem Ermittlungsverfahren. Ihm wird vorgeworfen, private Fernsehfirmen zu Zahlungen genötigt zu haben, für die es keinen dienstlichen Anlass gab. Im Gegenzug erhofften sich die zahlungswilligen Firmen möglicherweise Aufträge von dem Leipziger Sender, vermuten die Fahnder. Dabei ist das Ausmaß der Affäre offenbar weit größer als bislang angenommen. Laut Oberstaatsanwalt Lehmann gibt es in dem Verfahren bereits zwölf Beschuldigte.

Wie WELT ONLINE weiter erfahren hat, soll am Donnerstag auch die Saxonia Entertainment GmbH, eine der erfolgreichsten TV-Produktionsfirmen in Mitteldeutschland, durchsucht worden sein. Das 2003 gegründete Unternehmen gehört zu 51 Prozent mehrheitlich der Bavaria Film GmbH, zu deren Gesellschaftern wiederum direkt oder indirekt der Westdeutsche Rundfunk (WDR), der Südwestrundfunk (SWR) und der Mitteldeutscher Rundfunk (MDR) zählen. Damit hätte die Affäre um mögliche kriminelle Machenschaften des Ex-MDR-Unterhaltungschefs Foht den gesamten ARD-Verbund erreicht.

In der Affäre gibt es nach Erkenntnissen von WELT ONLINE auch eine interessante Stasi-Connection. Der Geschäftsführer der Saxonia Entertainment, Wolfgang Günther, soll der SED-Geheimpolizei als Spitzel gedient haben. Nach Unterlagen aus der Jahn-Behörde, die dieser Zeitung vorliegen, wurde er unter der Registriernummer IV/591/74 als IM „Klaus Becker“ geführt und hat eine handschriftliche Verpflichtungserklärung abgegeben. Udo Foht wiederum wurde von der Stasi als „Karsten Weiß“ geführt. Er bestreitet jedoch eine Zusammenarbeit.

Die neue MDR-Intendantin Karola Wille sagte WELT ONLINE nach ihrer Amtseinführung Anfang November, ihr sei „schon klar“, dass die Affäre „die ARD insgesamt belastet“. Ihr Ziel sei, die Vorgänge lückenlos aufzuklären. Eine von dem Sender eingesetzte Untersuchungskommission hatte erst jüngst einen 42-seitigen Bericht vorlegt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass es im MDR 15 Fälle von möglichen strafbaren Handlungen geben könne.

Uwe Müller