Karl Nolle, MdL
Freie Presse chemnitz, 14.12.2011
Pläne von 38 Waffendepots genen Rätsel auf
2008 erschoss sich ein Bombenbauer in Bayern. Pläne von brisanten Verstecken könnten dem Terror-Trio gedient haben.
DRESDEN — Welche Dimensionen möglicherweise die Umtriebe der rechtsextremistischen Terroristen annehmen, machen jetzt Berichte der "TZ" aus Bayreuth und des in Wien erscheinenden "Kurier" deutlich. Sie bringen einen Fall aus Bayern vom Mai 2008 mit der Zwickauer Terrorzelle in Verbindung.
In Bayreuth war damals einer Polizeistreife ein „Mann mit roten Handschuhen" aufgefallen, der sofort zu schießen begann, als ihn die Beamten kontrollieren wollten. Der damals 53-jährige ehemalige Betonbauer rannte kurzerhand hinter einen Baum, wo er sich erschoss.
Im Rucksack des aus Berlin stammenden Michael K. fanden sich aufwändig verschlüsselte Lagepläne zu 38 geheimen Erddepots mit Handgranaten, Sprengstoff, Bomben. Zündern und Schusswaffen in Wäldern von Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Bayern und Österreich.
Letzter Wohnsitz: Plauen
Ein Jahr dauerte die Entschlüsselung der Pläne, dann war klar. Verrückt war der Mann vielleicht, aber bestimmt nicht wahnsinnig. So fand die bayerische Polizei im Veldensteiner Forst bei Pegnitz ein explosives Versteck, das die Vorräte der Zwickauer Terrorzelle deutlich übertraf. Unter den Fundstücken war eine Zehn-Kilo-Bombe, mit der ganze Gebäude hätten zerstört werden können. Ansätze für einen terroristischen Hintergrund erkannte man damals nicht Inzwischen laufen neue Ermittlungen, um Mögliche Verknüpfungen zu prüfen. Im Polizeipräsidium Oberfranken wird vermutet, Michael K. könnte der oder ein Waffen- und Bombenlieferant der Zwickauer Terrorzelle mit Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gewesen sein. Die Gruppe hatte in den Jahren 2000 und 2001 ihre ersten beiden Morde im nahen Nürnberg begangen.
Michael K. hatte 2005 seinen letzten festen Wohnsitz in Plauen, wo er dem Staatsschutz mit „Scheiß-Staat!"- und Heil-Hitler-Gebrüll in der dortigen Kfz-Zulassungsstelle aufgefallen sein soll. Vor allem machte die Ermittler aktuell eine seiner Bomben stutzig. Die gleich wie ein Ei dem anderen der Nagelbombe der Terrorzelle -Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU), mit der 2004 in Köln ein blutiger Anschlag verübt worden war. Zu sehen war die Bombe in dem Bekenner-Video der Täter.
Das sächsische Innenministerium sah sich gestern nicht in der Lage, kurzfristig Licht ins Dunkel dieser neuen Facette rechten Terrors zu bringen- Offen ist, ob Nachrichten über Waffenfunde in Sachsen aus den zurückliegenden zwei Jahren mit diesen Depots zu tun haben. In der Parlamentarischen Kontrollkommission für den Verfassungsschutz wurde dieses Thema gestern in Dresden zwar angesprochen, Antworten gab es jedoch keine.
NPD-Funktionäre im Fokus
Gleichzeitig wächst der Personenkreis weiter, der mit seiner Unterstützung der NSU deren Gewaltserie erst ermöglichte. Dazu interessieren sich sächsische Ermittler nun für einen Frank S. von der rechtsextremen Weißen Bruderschaft Erzgebirge aus dem Raum Lauter/Aue. Auch von einem Sebastian S. und anderen ist die Rede.
Dem Vernehmen nach sollen inzwischen auch zwei sächsische NPD-Spitzenfunktionäre unter Beobachtung stehen. Dabei handele es sich um Maik Scheffler, Vize-Chef des NPD-Landesverbands und NPD-Kreischef in Nordsachsen, sowie Thomas Sattelberg. Letzterer war erst im Juli buchstäblich aus dem Knast zum Mitarbeiter der NPD-Landtagsfraktion in Dresden aufgestiegen und ist inzwischen sogar Beisitzer im Landesvorstand. Er war Mitbegründer der rechtsextremistischen Gruppierung - Skinhead Sächsische Schweiz" (SSS), die Pirna und Umgebung mit einem braunen Terror überzog. Für deren Umtriebe saß Sattelberg acht Monate in Haft.
Heute geht die Linke mit ihrem Antrag für einen Untersuchungsausschuss ins Plenum des Landtages. Er soll die Mitverantwortung sächsischer Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden für das ungehinderte Wirken der Zwickauer Terrorzelle klären.
von Uwe Kuhr