Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 23.01.2012
Linksabbiegen verboten
Eine Gruppe in der CDU warnt mit markigen Thesen vor einem Linksruck in der Partei – und setzt dabei auf umstrittene Verbündete.
Atomausstieg? Gleichgeschlechtliche Ehe? Verstaatlichung? Gegen von der CDU vertretene linke Positionen formiert sich innerparteilicher Widerstand. Auch in Sachsen wirbt die „Aktion Linkstrend stoppen“ mit Stammtischen und einer Internetseite für eine konservative Weltsicht innerhalb der Christdemokraten.
Allerdings mit umstrittenen Verbündeten. Auf der neuen Homepage firmierten bis gestern unter der Rubrik „Partnerlinks“ die von Beobachtern als rechtskonservative Zeitung eingestufte „Junge Freiheit“ und das Internetportal „Politically Incorrect“. Letzteres warnt vor „politisch-korrekte(m) Gutmenschentum“ und der „Islamisierung Europas“.
Die befürchtet auch die selbsternannte „konservative Basisbewegung der sächsischen CDU“: „Herr Bundespräsident Wulff, der Islam gehört nicht zu Deutschland!“, heißt es in den acht Grundsatzthesen der „Aktion Linkstrend stoppen“. Und weiter: „Die gescheiterte Multi-Kulti-Integrationspolitik“ müsse gestoppt werden. „Denn sie wurde selbst von Sozialdemokraten wie Thilo Sarrazin als illusionär entlarvt!“
Gut möglich, dass markige Positionen wie die Ablehnung der „EU-Schuldenunion“ und der „Homo-Ehe“ innerparteilichen Beifall finden. Seit Juli vergangenen Jahres veranstaltet die bundesweit aktive Gruppierung Stammtische in Sachsen. „In der Regel kommen zwischen 30 und 40 Gäste“, sagt Initiator Thomas Schneider. Der diplomierte Ingenieur aus Breitenbrunn, der für die CDU im Kreistag des Erzgebirgskreises sitzt, ist einer der Organisatoren. Zu den prominenten Gästen zählte im Oktober CDU-Landtagsfraktionschef Steffen Flath. Bei dem Abend in Nossen sagte er nach Veranstalterangaben, dass auch er gelegentlich an der Partei verzweifle und in solchen Runden Kraft tanke.
Die Opposition hielt bislang still. Doch die in der vergangenen Woche freigeschaltete Website löst Empörung aus. SPD-Chef Martin Dulig weist darauf hin, dass dort Abtreibung – in Anführungszeichen – als straffreie Kindstötung bezeichnet wird. „Die Wortwahl erinnert an Hasstiraden rechtspopulistischer Parteien.“ Über die bis gestern als Partner verlinkten „Junge Freiheit“ und „Politically Incorrect“ sagt Dulig: „Das sind zwei Medien, deren Herausgeber gute Kontakte ins rechtsradikale Milieu pflegen.“ Bei beiden sei bereits der Verfassungsschutz hellhörig geworden. Im aktuellen Jahresbericht des Bundesamtes tauchen die Medien aber nicht auf. Auch die Linke-Abgeordnete Freya-Maria Klinger warnt vor „üblem Rechtspopulismus“: „Angesichts des bevorstehenden 13. Februar in Dresden ist eine solche Webseite ein Schock.“
Die „Aktion Linkstrend stoppen“ reagierte gestern – und machte aus den „Partnerlinks“ schlichte „Weblinks“. Die erste Einstufung sei ein Versehen gewesen. Am Abend entfernte sie die Verlinkung zu „Politically Incorrect“. CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer geht auf Distanz. „Die Gruppe muss sich klar sein: Wer eine Homepage empfiehlt, wird auch für die Inhalte in Mithaftung genommen.“ Die Initiative sei keine Organisation der CDU. Kretschmer betont aber: „Verschiedene Meinungen innerhalb der CDU sind erwünscht und werden, anders als von der SPD gefordert, nicht zensiert.“
Von Thilo Alexe