Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 25.01.2012
Zerstrittene rechte Marschierer
Um die Aufmärsche in Dresden ist in der rechten Szene ein Konflikt entbrannt. Womöglich trägt der Zoff dazu bei, dass eine Demonstration ausfällt.
Knapp drei Wochen vor dem Jahrestag der Zerstörung Dresdens gibt die rechtsextremistische Szene ein zerstrittenes Bild ab. Sachsens Verfassungsschützer sprechen von einem offenkundigen Konflikt. Umstritten ist die Organisation von Aufmärschen anlässlich des 13. Februars. Der Zoff könnte dazu führen, dass weniger Neonazis nach Dresden kommen als in den vergangenen Jahren.
Im Kern geht es um die Organisation des sogenannten Trauermarsches am 13. Februar. Nach Angaben des Verfassungsschutzes will in diesem Jahr das „Aktionsbündnis gegen das Vergessen“ den in der Szene prestigeträchtigen Termin vorbereiten. Die Gruppierung werde dominiert von den „Freien Kräften Dresden“, einem neonationalsozialistischen Trupp. Den Kameraden ist der frühere Organisator „Junge Landsmannschaft Ostdeutschland“ (JLO) offensichtlich zu lasch. Der etwa 20 Mitglieder starke Landesverband, der sich unter anderem fürs „besetzte Ostpreußen“ interessiert, wird von den „Freien Kräften“ beschimpft, wie Sachsens Verfassungsschützer mitteilen. Demnach sei die JLO eine „innerlich tote Scheinorganisation“, die „das Gedenken an die Toten als letzte Existenzberechtigung“ missbrauche.
Bereits im vergangenen Jahr kündigte das braune „Aktionsbündnis gegen das Vergessen“ an, den Marsch am 13. Februar 2012 selbst zu organisieren. Die JLO will sich offenkundig aber nicht zurückziehen. Sie hat nach Angaben des Verfassungsschutzes von gestern eine Demonstration für den 18. Februar angemeldet. Wie in den vergangenen Jahren rechnet das Landesamt für den ersten Aufmarsch mit rund 1000 Rechtsextremisten, womöglich einigen mehr. Doch wie viele kommen zum zweiten?
Linke Szenebeobachter gehen davon aus, dass es am 18. Februar keinen Marsch gibt. Die Anmeldung werde lediglich aufrechterhalten, um die Mobilisierung der Neonazi-Gegner ins Leere laufen zu lassen, heißt es in einer Mitteilung des Antifa-Rechercheteams. Im Übrigen sei die JLO offenkundig überfordert. Für das Rechercheteam ist das ein Erfolg der umstrittenen Blockaden früherer Jahre.
Der Verfassungsschutz weist darauf hin, dass Rechtsextremisten am 18. Februar womöglich Einzel- und Spontanaktionen planen – je nachdem, wie erfolgreich aus ihrer Sicht der 13. Februar verläuft. Im Klartext: Sollten Neonazis frustriert sein, weil sie nicht marschieren konnten, formieren sie sich am 18. erneut – zu dezentralen Aktionen mit wenigen Teilnehmern, womöglich auch außerhalb Dresdens.
Konflikte macht der Nachrichtendienst auch an anderer Stelle bei den Rechtsextremisten aus. Umstritten ist demnach der neue NPD-Landeschef Mario Löffler. Der bisherige Vize von Holger Apfel wurde zwar mit breiter Mehrheit gewählt. Allerdings ist das Ex-CDU-Mitglied einigen rechten Extremisten zu bürgerlich. „Die Radikalen sollen gehen, und der Rest darf kommen“, kritisieren Kameraden aus dem Erzgebirge im Netz und kündigen ihren Parteiaustritt an.
Von Thilo Alexe