Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa, 11:00 Uhr, 28.01.2012

Schuldenbremse: Parteien sollen auf ideologische Schlachten verzichten

 
Grünen-Politikerin Antje Hermenau gilt als schlagfertig und ausgewiesene Finanzexpertin. Wiederholt hat sie die politischen Gegner aufgefordert, ideologischen Schützengräben zu verlassen - so auch in der Schuldendebatte.

Dresden (dpa/sn) - In der Diskussion um ein Schuldenverbot in der sächsischen Verfassung hat Grünen-Politikerin Antje Hermenau die schwarz-gelbe Koalition zum Verzicht auf ideologische Schlachten aufgefordert. «Man muss endlich mal aufhören, immer gleich das Hildebrandslied anzustimmen», sagte Hermenau im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Nötig sei eine Debatte mit Substanz, statt bestimmte Auffassungen wie eine Monstranz vor sich herzutragen. CDU und FDP wollen ein Schuldenverbot verfassungsrechtlich verankern, brauchen wegen der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament dafür aber Teile der Opposition. Am Mittwoch hatte CDU-Fraktionschef Steffen Flath Linke, SPD und Grüne zum Gespräch eingeladen.

Hermenau signalisierte Bereitschaft und erinnerte daran, dass eine Variante der Schuldenbremse bei den Grünen schon seit zwei Jahren Beschlusslage ist. Zugleich stellte sie die bisher praktizierte Finanzpolitik von Schwarz-Gelb infrage. «Ein klares Signal für solide Finanzen wäre es gewesen, wenn die Regierung einen ordentlichen Doppelhaushalt für 2011/2012 vorgelegt hätte. Hat sie aber nicht.» Vielmehr sei man wie ein schwarz-gelber Elefant durch den gesellschaftlichen Porzellanladen getappt und habe das auch noch als gute Finanzpolitik verkauft. «Die Leute im Lande fragen sich: Hat die Regierung das eigentlich noch im Griff?»

Laut Hermenau muss auch ein Schuldenverbot im Sinne einer echten Schuldenbremse nach Schweizer Vorbild Ausnahmen zulassen. «Dazu gehören nach unserer Lesart Naturkatastrophen wie das Hochwasser in Sachsen 2002. Auch bei starken konjunkturellen Einbrüchen müsse man Regelungen finden. «Und drittens kommen andere Notlagen dazu, die man heute noch gar nicht voraussehen kann.» Als Beispiel nannte die Fraktionschefin der Grünen im Landtag gesetzliche Änderungen beim Solidarpakt II mit negativen Auswirkungen auf den Aufbau Ost oder potenzielle Auswirkungen der Eurokrise. «Möglicherweise wird die Bundesregierung bei ihren Anstrengungen um die Euro-Rettung ja gezwungen sein, Kürzungen am Solidarpakt II zu veranlassen.»

Bei all diesen Unwägbarkeiten sei es erforderlich, endlich mit einer Qualitätsoffensive zur Gestaltung einer Schuldenbremse zu beginnen. «Deshalb mein Rat, die herkömmliche Schlachtordnung zu verlassen.» Hermenau äußerte klare Vorstellungen, was an Fragen der Haushaltspolitik zusammen mit einem Schuldenverbot auf den Tisch kommen müsse. «Für mich gehört in ein solches Verhandlungspaket zum Beispiel ein Fonds für den Schulhausbau. Er sollte sich aus Aufbau-Ost-Mitteln speisen und dafür sorgen, dass der ganze Stau an Investitionen an den Schulen bis 2019 aufgelöst wird. Das betrifft dann konkret den Haushalt 2013/14 und nachfolgende Doppelhaushalte.»

Autor: Jörg Schurig

dpa jos yysn a3 aro
281100 Jan 12