Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 20.03.2012

Scheitert der Ausschuss zum Neonazi-Terror?

 
Schon vor der ersten Sitzung hat das Gremium Probleme: Bekommt es die notwendigen Akten? Weil ein NPD-Vertreter dabei ist, will der Bundestag die direkte Zusammenarbeit verweigern.

Der von der Landtagsopposition eingesetzte Untersuchungsausschuss zum Rechtsterrorismus sieht sich bereits vor der ersten Sitzung mit beachtlichen Hindernissen konfrontiert. Weil auch ein Abgeordneter der rechtsextremen NPD in dem Gremium sitzt, will der Bundestagsausschuss nicht mit den sächsischen Kollegen kooperieren. Können dann die Landtagsabgeordneten überhaupt aufklären? Eine Analyse.

Was soll der sächsische Ausschuss leisten?

Das Gremium soll klären, ob sächsische Behörden bei der Verfolgung der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) Fehler unterlaufen sind. Das Neonazi-Trio lebte immerhin 13 Jahre unbehelligt in Chemnitz und Zwickau. „Der Untersuchungsausschuss muss klären, warum Sachsen Ruhe- und Rückzugsraum für Rechtsterroristen war“, sagte der Grünen-Abgeordnete Miro Jennerjahn vor der Einsetzung im Februar.

Warum ist das Gremium so umstritten?

Offiziell ist es die Präsenz der rechtsextremen NPD. Kann sie eine Mordserie aufklären, die von mutmaßlichen Rechtsextremisten verübt wurde? Da die Partei im sächsischen Landtag vertreten ist, steht ihr ein Sitz in dem 19 Mitglieder starken Ausschuss zu. CDU und FDP befürchten, dass Rechtsextreme an Akten der Sicherheitsbehörden kommen, die sie nicht sehen sollten. Der NPD-Vertreter Arne Schimmer betont: „Selbstverständlich erhoffe ich mir von den Untersuchungen auch Erkenntnisse, die im Hinblick auf ein eventuelles NPD-Verbotsverfahren entlastend für unsere Partei wirken werden.“

Warum sperrt sich der Bundestagsausschuss?

Ein Statement des Vorsitzenden des NSU-Ausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy, verschärft die Lage. „Eine Zusammenarbeit zwischen unserem Ausschuss im Bundestag und dem Ausschuss in Sachsen halte ich für schwierig“, sagte der SPD-Politiker der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Grund: die NPD. Edathy schloss eine Kooperation samt gegenseitigem Besuchsrecht und Protokollaustausch wie mit dem Thüringer Ausschuss – in dem die NPD nicht sitzt – aus.

Was hat diese Weigerung für Folgen?

Für die Landtags-CDU ist klar: Das Gremium ist kaum arbeitsfähig. „Der sächsische Untersuchungsausschuss erschwert die Aufklärung über das rechtsextremistische Terror-Trio und seine Helfer“, warnt der parlamentarische CDU-Geschäftsführer Christian Piwarz. Für die FDP sagt Carsten Biesok: „Ich begrüße, dass zumindest der Untersuchungsausschuss im Bundestag der NPD jede hilfreiche Handreichung verweigern will.“ Vor der ersten Sitzung voraussichtlich im April ist aber offen, wie viel Material der Ausschuss aus Berlin überhaupt benötigt. Zudem sollen Namen von V-Leuten in den Akten geschwärzt werden. Vertreter der Landtagsopposition sind intern entsetzt über SPD-Mann Edathy. Dennoch äußert sich die sächsische SPD-Innenexpertin Sabine Friedel moderat. Es sei „zu pauschal“, jegliche Zusammenarbeit auszuschließen. Edathy habe das „nicht so rigoros gemeint“. Schließlich müsse auch die Bundesebene Interesse an Aufklärung in Sachsen haben. Am Abend schwächt auch Edathy seine Aussagen ab und bringt eine „indirekte Zusammenarbeit“ einzelner Fachpolitiker ins Gespräch.

Von Thilo Alexe