Karl Nolle, MdL
CNN/LVZ, 18.04.2012
Neonazi-Terror: U-Ausschuss in Sachsen nimmt Arbeit auf
Dresden. Nun gibt es ihn also: Gestern Nachmittag trafen sich die Mitglieder des U-Ausschusses zur Zwickauer Neonazi-Zelle zum ersten Mal im sächsischen Landtag, konstituierende Sitzung heißt das gemeinhin. Zwar behandelte das Kontrollgremium ausschließlich Formfragen, handfeste Inhalte sollen erst Ende April auf der Tagesordnung stehen. Aber dass der Ausschuss überhaupt mit der Arbeit begonnen hat, ist schon eine Nachricht an sich.
Denn hier gab es im Vorfeld einigen Zwist. CDU und FDP schienen von Anfang an wenig Interesse an der Aufklärung der Terrortaten zu haben, spielten den Ball lieber Richtung Thüringen - weil die Neonazis aus Jena stammten. Was dabei allerdings unterzugehen drohte, war die Tatsache, dass das Trio jahrelang in Westsachsen untertauchen konnte sowie von hier aus seine Mordtaten plante. Doch auch die Opposition war sich nicht sofort einig. So wollte die Linke einen bestehenden Ausschuss erweitern, was bei SPD und Grünen auf wenig Gegenliebe stieß.
Mittlerweile hat die Linke eingelenkt, Bedenken aber gibt es weiterhin. So sprach sich Schwarz-Gelb gegen einen solchen U-Ausschuss aus, weil in Sachsen die rechtsextreme NPD mit im Gremium sitzt - im Gegensatz zu bereits bestehenden Ausschüssen auf Bundesebene sowie in Thüringen zum Thema. Damit, so das Argument, hätte die Neonazi-Fraktion im Freistaat womöglich Zugang zu geheimen Informationen, erhielte Einblicke in die Arbeit von Geheimdiensten und Polizei.
Diese Sorgen teilt auch der Ausschuss-Vorsitzende Patrick Schreiber (CDU), dennoch sprach er sich gestern für "eine konstruktive Arbeit" aus. Ein Mal pro Monat werde sich das Gremium treffen, Ende April sollen erste Beweisanträge gestellt und Zeugen geladen werden. Als Mitglieder im Ausschuss sind auch wieder die üblichen Verdächtigen vertreten - von Klaus Bartl (Linke) bis Karl Nolle (SPD). Beide haben sich bereits in anderen U-Ausschüssen profiliert.
Dabei hätte Bartl am liebsten sofort Sachsens Polizeipräsidenten Bernd Merbitz als Zeugen geladen. Schließlich war der in den 90er Jahren Chef der sogenannten Soko Rex, die sich mit Rechtsextremismus beschäftigt hatte. Und eben dieser Bernd Merbitz war es auch, der damals vor der Terrorgefahr von ganz rechts außen gewarnt hatte - ohne Erfolg. Schließlich hatten die Ermittler nach eigener Darstellung ab 2001 keine Informationen mehr über das Terror-Trio. Das hatte nicht nur neun Menschen mit ausländischen Wurzeln sowie eine Polizistin ermordet, sondern auch rund zehn Banküberfälle verübt - stets nach demselben Schema, in derselben Region.
Jürgen Kochinke