Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 09.06.2012
Riesas Kämmerer verzockt sich mit Steuergeld. Markus Mütsch wurde von der Oberbürgermeisterin suspendiert. Seine Zinswetten stehen mit 34Millionen Euro im Minus.
Riesa. Für seine spekulativen Finanzgeschäfte mit Steuergeldern ist Riesas Kämmerer Markus Mütsch (CDU) bereits seit vielen Jahren berühmt und berüchtigt. Jetzt hat Oberbürgermeisterin Gerti Töpfer (CDU) die Konsequenzen gezogen und ihren Stellvertreter vorerst vom Dienst suspendiert. Nur so könne sie unbelastet und zügig Vergleichsverhandlungen mit den Banken führen, um aus den Geschäften wieder auszusteigen. Töpfer reagierte damit auf Mütschs riskante Zinswetten, die seit Beginn der Finanzkrise 2008 auf Talfahrt sind.
Den vorläufigen Höhepunkt erreichte die Misere dabei am vergangenen Dienstagabend. Zähneknirschend überbrachte der Kämmerer seiner Chefin und den Stadträten während des Finanzausschusses, dass die Zinswetten zum Ende des Monats Mai mit etwa 33,3 Millionen Euro im Minus stehen. Dieses Geld müsste die Stadt Riesa zahlen, wenn sie sofort aus den sogenannten Derivat-Verträgen aussteigen würde. Ende April stand die Summe noch bei circa minus 24 Millionen Euro.
Eigentlich wollte Markus Mütsch mit dem Abschluss dieser Geschäfte etwas Positives für die Stadt erreichen: Bei den Derivaten, auch Swaps genannt, wettet er auf Zinsentwicklungen bei verschiedenen Währungen, beispielsweise türkischer Lira oder Schweizer Franken. Gewinnt er, spart die Stadt Zinsen für ihre Kredite. Verliert er, dann muss Riesa mehr Zinsen für ihre Kredite zahlen als marktüblich. Mit den Derivaten wollten Kommunen eigentlich ihre Schuldenlast mildern. Doch Mütsch hat sich verzockt. Bei der Staatsanwaltschaft laufen gegen ihn deswegen sogar Ermittlungen wegen Untreue.
So ganz kann der Kämmerer seine Beurlaubung allerdings nicht verstehen. „Dass man mir die Derivate wegnimmt, ist verständlich. Aber ich kümmere mich ja noch um die Bereiche Bau und Ordnung. Dort hätte ich durchaus weitermachen können“, sagt Mütsch.
Das sehen offenbar auch die Mitarbeiter aus Mütschs Amt so. Nach SZ-Information haben sie einen offenen Brief an die OB überreicht, in dem sie gegen die Absetzung ihres Vorgesetzten protestieren und eine Wiedereinsetzung zumindest im Bau- und Ordnungsamt fordern.
Von Robert Reuther