Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 09.05.2001

Nur die anderen machen die Fehler

Ahnungsloser Chef
 
DRESDEN. Nur die anderen machen die Fehler. Das ist jedenfalls die Lehre, die Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf aus den Vorwürfen gegen ihn und seine Frau gezogen hat.

So habe der Leiter der Fahrbereitschaft falsch gehandelt: Er hat es Ingrid Biedenkopf nicht untersagt, auch für private Fahrten seine Wagen anzufordern. Ebenso falsch handelte auch eine Abteilungsleiterin, weil sie in Absprache mit der Gattin des Ministerpräsidenten den Auftrag zur Reinigung der Schevenstraße ausgerechnet dem Schwiegersohn der Landesmutter erteilte. Und auch die Verwaltung der Staatskanzlei habe nach Meinung von Biedenkopf gegen die Vorschriften verstoßen, weil sie die Abordnung der Hausangestellten zu seinem Ferienhaus am Chiemsee genehmigte, ohne ihm anschließend den geldwerten Vorteil zu berechnen. Beamte der Staatskanzlei haben das Ehepaar Biedenkopf offenbar nicht vor sich selbst geschützt.

Die Krone des Fehlverhaltens aber gebührt den früheren Ministern Georg Milbradt und Günter Meyer. Denn sie hätten ihm mehrfach versichert, alles sei in der Schevenstraße in Ordnung. Und erst jetzt stellt sich heraus, dass so gut wie gar nichts geregelt war. Biedenkopf aber will von alledem nichts gewusst haben. Erst durch die Presse und dann durch den Brüggen-Bericht sei ihm die Schlamperei in dem von ihm bewohnten Haus klar geworden. Mit den Beschuldigten aber wurde bislang nicht gesprochen.

Fair sind die Erklärungen nicht, die Biedenkopf gestern einer erstaunten Journalistenschar gegeben hat. Er und seine Frau stellt er als hilfs- und ahnungslose Spielbälle in den Händen überforderter Beamter und Politiker dar. Doch es ist nur schwer vorstellbar, dass Biedenkopf sich in den vergangenen elf Jahren niemals Gedanken gemacht hat, ob seine eigenen, ganz privaten Verhältnisse wirklich in Ordnung gewesen sind. Kann man nicht selbst auf den Gedanken kommen, für staatliche Bedienstete etwas zu zahlen, wenn man ihre Dienste auch privat nutzt?
(Christian Striefler)