Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 08.09.2012
Schwarz-gelbes Ringen um Doppelhaushalt -Der Trick mit dem Landesbank-Fonds
Debatte im Landtag: Finanzminister Unland setzt weiter auf Personalabbau / Schlagabtausch mit der Opposition
Dresden. Der geplante Doppeletat der CDU/FDP-Landesregierung hat heftige Reaktionen ausgelöst. Wie erwartet protestierten Sachsens Lehrer gestern parallel zur Generaldebatte im Landtag gegen die Schulpolitik von Schwarz-Gelb - lautstark und in beachtlicher Zahl. Im Plenarsaal stellte Finanzminister Georg Unland (CDU) das Zahlenwerk vor, sehr zum Unmut der versammelten Opposition.
Die Linie der Regierung
Der Doppeletat steht laut Unland unter dem Stichwort "Chancen nutzen" und setze die bisherige Linie fort - mit hohen Investitionen und niedrigen Schulden. Um beides zu erreichen, müssten die Personalkosten weiter reduziert werden, per Stellenabbau. Das, so Unland, gelte auf allen Ebenen, nur im Bildungsbereich nicht. Dort sei der Abbau ausgesetzt worden. Dahinter steht das Bildungspaket mit zusätzlich 570 Millionen bis 2016, allein im kommenden Doppelhaushalt sind dies 260 Millionen. Doch klar ist für Unland ebenso: Eine Neuauflage der Altersteilzeit, die zentrale Forderung der Lehrergewerkschaft GEW, lehnt er ab. Begründung: "Altersteilzeit leistet keinen Beitrag zur Sicherung der Unterrichtsversorgung, im Gegenteil."
Lob von CDU und FDP
Bei den Regierungsfraktionen CDU und FDP stößt der Entwurf auf Zustimmung - eine wenig überraschende Tatsache. "Der heute in das Parlament eingebrachte Haushaltsentwurf ist grundsolide und gelungen", sagte CDU-Fraktionschef Steffen Flath. Sein FDP-Pendant Holger Zastrow sah das genauso, würzte seine Rede aber mit einem Hinweis: Die Politik der Europäischen Zentralbank in der Euro-Krise sei inakzeptabel, "das kann nicht unser Interesse sein", rief er in den Saal - und outete sich damit nicht nur als Euro-Skeptiker, sondern gab auch einen Ausblick auf die Debatten in den Wahlkampfjahren 2013 und 2014.
Die Attacken der Opposition
Harte Kritik kam dagegen von der Opposition. Schwarz-Gelb betreibe "Dauermobbing" im öffentlichen Dienst und "Lohndumping" sowieso, meinte Rico Gebhardt, der Fraktionschef der Linken, bei seiner ersten großen Rede in dieser Funktion. Darüber hinaus seien die von Unland vorgelegten Zahlen je nach politischer Lage schön- oder schlechtgerechnet. Die Grüne Antje Hermenau sprach von einer finanzpolitischen "Achterbahnfahrt auf dem Rücken der Bevölkerung".
Der Protest der Lehrer
Während im Saal der gewohnte Schlagabtausch über die politische Bühne ging, versammelten sich auf dem Vorplatz die Lehrer zur Demonstration. Rund 15000 waren gekommen - fast jeder zweite Pädagoge im Freistaat. Die Tonlage war scharf. "Die Regierung baut weiter Stellen ab, das lassen wir uns nicht mehr bieten", rief Willi Russ, der zweite Vorsitzende beim Beamtenbund dbb, in die Mikros. "Sollen wir in Sachsen erst einen Bildungskampf erleben, bis diese Landesregierung aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht?" Und am Rande der Demo tauchte ein alter Bekannter auf: Thomas Colditz, der ehemalige CDU-Bildungspolitiker, der aus Protest gegen die eigene Regierung zurückgetreten war.
Der Haushalt gilt als Königsrecht des Parlaments. Bei der Debatte ist es deshalb üblich, dass die Fraktionschefs persönlich ans Mikro gehen, und eben dies hat SPD-Fraktionschef Martin Dulig gestern für einen speziellen Auftritt genutzt: Er konfrontierte die verdutzte schwarz-gelbe Riege mit der Behauptung, deren exzellente Investitionsquote beruhe auf Finanztricksereien.
So verrechne die Regierung den Garantiefonds für die Landesbank-Pleite als Investition, was die Quote nach oben schnellen lasse. Derzeit schlummern darin 1,1 Milliarden Euro, jedes Jahr kommen 100 Millionen hinzu. Klar ist: Der Fonds ist eine klassische Rücklage, das Gegenteil einer Investition.
Am Ende musste das Finanzressort einräumen, dass Duligs These stimmt - im Prinzip zumindest. So würde der Aufstockungsbetrag in der Tat als Investition verbucht, also jene 100 Millionen pro Jahr. Das machten alle Länder so. Bezogen auf die Investitionsquote entspreche das rund 0,7 Prozentpunkten. Faktisch liegt die Quote dann zum Beispiel im Jahr 2014 nicht mehr bei 17 Prozent, sondern nur noch bei 16,3.
Jürgen Kochinke