Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 15.09.2012

Nazitrio Unterstützer Thomas S.: Was wussten Sachsens Ermittler?

 
DRESDEN -Was wussten der Verfassungsschutz und das Landeskriminalamt von Thomas „Tommi" S. (41), dem jüngst aufgeflogenen Spitzel des LKA Berlin wirklich? Immerhin ist der NSU-Sympathisant seit über zwölfJahren auch im Visier der sächsischen Ermittler.

Auf der Telefonliste, die in der ausgebrannten Zwickauer Wohnung des NSU-Terrortrios aufgefunden wurde, stehen Name und Telefonnummer von Thomas S. Der Unterstützer des Trios, - der von NSU-Mitgliedern während seiner Haft 1996 im Chemnitzer Gefängnis besucht wurde - war zu. diesem Zeitpunkt bereits seit zehn Jahren Spitzel des Berliner LKA, wie am Donnerstag bekannt wurde (Morgenpost berichtete)!

Kerstin Köditz (Linke): „Das wirft für Sachsen neue Fragen auf." Denn am 25. Ianuar 2012 stürmte ein Spezialeinsatzkommando der Polizei die Wohnung von Thomas S. in Dresden-Gorbitz. Vorwurf:  Er habe den NSU bis 2003 gedeckt, Waffen und mindestens 1 Kilo Sprengstoff beschafft.
 
»Das Verschwinden seines dabei beschlagnahmten Adressbuches, in dem auch die Mitglieder des NSU aufgeführt waren, erscheint damit in neuem Licht. Ich frage mich, ob es in diesem Zusammenhang Absprachen zwischen den LKA in Berlin und Sachsen gegeben hat?"

Auch das LKA Sachsen hielt seit dem Jahr 2000 intensiven Kontakt mit Thomas S. Damals belastete er „Kameraden" der Neonazi-Szene schwer. 2005 wurde er wegen „Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen" (Landser-Prozess) vom Landgericht Dresden zu zehn Monaten Haft (Bewährung) verurteilt. Nur zehn Monate - damit er weiter spitzeln konnte?
 
Köditz: »Mir liegen Indizien vor, die darauf deuten, dass S. als V-Mann für den sächsischen Geheimdienst tätig war, in dessen Auftrag die Blood & Honour-Strukturen beziehungsweise die Nachfolgegruppierung ausgespäht hat"

Die Aufklärung, die sich Köditz zu diesem Fall gestern in der PKK (Parlamentarische Kontrollkommission) erhoffte, fiel aus: Das Landtags-Gremium war von den neuen Erkenntnissen völlig überrascht. Verfassungsschutzchef Gordian Meyer-Plath stellte fest, er habe keine Informationen über eine Zusammenarbeit.