Karl Nolle, MdL

DNN, 14.05.2001

"Yacht-Affäre" folgt dem Dilemma mit der Gästehaus-Miete

Kurt Biedenkopf will Vorwürfe "durchstehen"
 
DRESDEN. Wie lange bleibt Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) noch im Amt? Diese Frage bewegte am Wochenende erneut die Landeshauptstadt, nachdem neue Veröffentlichungen den Regierungschef weiter unter Druck setzten. Die Stimmung in der Union gilt als "sehr irrational", Biedenkopf wird von manchen als "nicht mehr handlungsfähig" bezeichnet.

Nach einem Bericht des "Spiegel" haben sich Biedenkopf und seine Frau Ingrid von dem bayrischen Bauunternehmer Max W. Schlereth Ende September 1999 gratis auf eine komfortable Yacht nach Monte Carlo einladen lassen. Dort hätten sie einige Tage kostenlos logiert, bewacht von Dresdner Personenschützern. Biedenkopf bezeichnete die Fahrt indes als eine Privatreise, Schlereth sei ein langjähriger Freund. Regierungssprecher Michael Sagurna betonte, die Biedenkopfs hätten die Flüge nach Nizza selbst bezahlt. Schlereth ist zugleich in Sachsen als Immobilienbesitzer aktiv. Er verfüge über mehr als 120 Hektar Land in der Nähe des Dresdner Flughafens, so der "Spiegel". Biedenkopf habe sich mehrfach helfend - aber bisher erfolglos - in Verkaufsverhandlungen und einen juristischen Streit um die Gewerbegebietsflächen eingeschaltet. Zudem hätten Schlereths Firmen 1993 an die Sachsen-CDU 60.000 Mark, aufgeteilt in drei Tranchen à 20.000 Mark, gespendet. Sagurna nennt es "lächerlich", eine Verbindung herzustellen. Biedenkopf breche Freundschaften nicht einfach ab.

Bekannt wurde am Wochenende auch, dass in der Mietaffäre offenbar nicht nur eine Anzeige gegen Biedenkopf, sondern auch gegen seine Gattin läuft.

Ingrid Biedenkopf soll sich laut "Focus" mehrfach schriftlich und telefonisch in die Verhandlungen um den Mietvertrag für die Appartements im Regierungs-Gästehaus Schevenstraße eingeschaltet haben. Sagurna sagte, bei diesen Schreiben sei es immer nur um die Mietkonditionen anderer Mieter gegangen, nicht aber um die eigenen.

Forderungen nach einem Rücktritt wies Biedenkopf zurück. Der "Welt am Sonntag" sagte er: "Wir lassen uns nicht irremachen. Die Brocken hinschmeißen, das steht nicht zur Debatte. Das wird jetzt durchgestanden." Der rheinland-pfälzische CDU-Bundestagsabgeordnete Wilhelm Josef Sebastian hat nach Angaben der Zeitung "Die Welt" gefordert: "Biedenkopf sollte sich wirklich zurückziehen". Sebastian ist Sprecher eines 40-köpfigen Kreises Kohl-treuer CDU-Parlamentarier.

Sollte Biedenkopf in Kürze zurücktreten, herrscht bisher Unklarheit über den Nachfolger. Nach Biedenkopfs Vorstellungen, ebenfalls am Wochenende geäußert, sollen die sechs Kandidaten Agrar- und Umweltminister Flath, Europaminister Tillich, Justizminister Kolbe, Kultusminister Rößler, Finanzminister de Mazire und Staatskanzleichef Brüggen mögliche Ministerpräsidenten aus ihrer Runde ausgucken. Die Entscheidung träfen Partei und Fraktion. Ob dies erst bis 2003 geschieht, wie Biedenkopf sagt, wird bezweifelt. Nicht genannt wird Georg Milbradt, der aber weiter im Rennen ist. Ex-Minister Eggert sagte unserer Zeitung, ein Sonderparteitag solle einen neuen Kandidaten küren.
(Sven Heitkamp)