Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 29.04.2014
Fluthilfebetrug in Millionenhöhe vor Gericht
Ein Radebeuler Druckunternehmen soll bei Fördermitteln im großen Stil getrickst haben. Es ist ein Fall von vielen.
von Peter Anderson
Dresden. Es geht um insgesamt 6,5 Millionen Euro. Sachsens vermutlich größter Fluthilfebetrug ist ab heute ein Fall für das Dresdner Landgericht.
Mit falschen Rechnungen für den Kauf neuer Maschinen nach dem Elbehochwasser 2002 soll der Geschäftsführer des Online-Druckhauses Unitedprint in Radebeul, Wolfgang Lerchl, zunächst rund 2,5 Millionen Euro erschwindelt haben. Der vom Hersteller auf die Technik gewährte Rabatt sei gegenüber der Sächsischen Aufbaubank nicht angegeben worden.
Das sagte gestern der Pressesprecher des Landgerichts Ralf Högner. Zu den Flutmitteln kommen zu Unrecht kassierte Investitionszulagen und Gelder aus der allgemeinen Wirtschaftsförderung - insgesamt vier Millionen Euro. Zwischen 2002 und 2007 habe Lerchl zusammen 6,5 Millionen Euro eingestrichen, die ihm nicht zustanden. So lautet die Anklage der Staatsanwaltschaft Dresden.
Uhitedprint, ein Unternehmen mit 700 Mitarbeitern in 26 Ländern, verweigerte gestern eine Aussage zu den Vorwürfen.
Vor sechs Jahren wies Lerchl alle gegen ihn erhobenen Beschuldigungen öffentlich als „falsch und haarsträubend" zurück. „Das Ganze geht auf einen Denunzianten zurück, der mir den Erfolg meines Unternehmens neidet", so Lerchl damals. Mit auf der Anklagebank sitzt ein früherer Manager des Druckmaschinenherstellers Koenig & Bauer. Er habe die überhöhten Rechnungen gestellt und müsse sich wegen Beihilfe verantworten. Das Verfahren gegen einen Rechtsanwalt, der die Betrugsmasche mit entwickelt habe, sei wegen einer schweren Krankheit abgetrennt worden.
Trotz der Höhe des Millionenbetrugs sind lediglich zwei Tage für das Verfahren vor der Wirtschaftskammer des Landgerichtes Dresden angesetzt. Es habe im Vorfeld Gespräche zwischen den Beteiligten gegeben, so Justizsprecher Högner.
Mit dem Prozess gegen den Geschäftsführer des Radebeuler Unternehmens geht Sachsen weiter juristisch gegen den Missbrauch von Fluthilfegeld vor. Dabei wur den 2005 erstmals auch Haftstrafen zur Bewährung ausgesprochen. Zuletzt gab es eine solche Strafe vor zwei Jahren gegen eine Unternehmerfamilie aus der Sächsischen Schweiz, der Betrug in Höhe von drei Millionen Euro vorgeworfen wurde.
Derzeit fordert der Freistaat von Privatpersonen und Unternehmen noch 80,3 Millionen Euro zurück, die diese nach der Jahrhundertflut 2002 unrechtmäßig erhalten hatten. Zur Rückzahlung der Fördeunittel sind bei der Sächsischen Aufbaubank zurzeit immerhin noch 3 810 Verfahren anhängig. Schuldnern werden Ratenzahlungen und Stundungen eingeräumt. Als letztes Mittel drohen ihnen aber auch Vollstreckungsmaßnahmen.