Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 03.07.2014

Wie Sachsens SPD-Chef um die Bosse wirbt

 
Martin Dulig will Dax-Konzerne anwerben und Fusionen unterstützen. Das ist Teil eines neuen Zehn-Punkte-Plans.

Dresden. Klares Feindbild: Für Sachsens Arbeitgeberpräsidenten Bodo Finger ist die SPD ein rotes Tuch. Der Zahnradfabrikant in Chemnitz und Bochum sieht vor allem "Staatseingriffe in die Wirtschaft", wenn er das SPD-Regierungsprogramm für Sachsen durchblättert. Vor allem der Mindestlohn sei "verhängnisvoll", sagte Finger bei einer Diskussionsreihe mit den Spitzenkandidaten für die Landtagswahl. Für die SPD trat dabei der sächsische Partei1 und Fraktionschef Martin Dulig an.

Tatsächlich stehen staatliche Eingriffe in die Wirtschaft in dem SPD-Papier. Duligs Partei fordert zum Beispiel, dass Aufträge vom Staat nur noch an tariftreue Firmen gehen. Das schütze Unternehmen, die fair zahlen, sagt Dulig. Ein neues Gesetz soll gleiche Löhne für Frauen und Männer sichern, und Arbeitnehmer sollen einen Rechtsanspruch auf fünf bezahlte Weiterbildungstage pro Jahr bekommen. Doch Martin Dulig will keinen Wahlkampf gegen Unternehmer machen. Im Gegenteil: Er hat auch Versprechungen für Firmenchefs aufgeschrieben. In Leipzig will er heute seine zehn Punkte "für neuen Wohlstand und mehr Innovation in Sachsen" öffentlich vorstellen. Dazu hat er sich Ex-Kanzler Gerhard Schröder als Wahlkampfbegleiter gewünscht und bekommen.

Schröder galt mal als "Genösse der Bosse", und seine Agenda 2010 aus dem Jahr 2003 war für viele Sozialdemokraten zunächst ein gemeiner Sozialabbau. Damals war Dulig noch Vorsitzender der sächsischen Jungsozialisten in der SPD und wollte ein Mitgliedefbegehren gegen Schröders Agenda 2010 unterstützen. Heute trägt er schwarzen Anzug und schlägt Steuererleichterungen für den Mittelstand vor.

Der gelernte Maurer und studierte Pädagoge sagt: "Wir müssen das erwirtschaften, was dann verteilt wird." Er gehöre zu den pragmatischen Flügeln in der SPD, sagt Dulig. Seine zehn Punkte für die Wirtschaft beginnen mit einem Wunsch, den auch Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) oft nennt: Sachsen brauche Konzerne. In 15 Jahren soll wenigstens ein Dax-Konzern hergezogen sein. Dulig will im Fall einer SPD-Beteiligung an der Landesregierung eine Regierungskommission einrichten, die sich ums Anwerben kümmert. Mehr Internet, bessere Schüler Für diesen Vorschlag werde ihm bestimmt mancher einen Vogel zeigen, sagt Dulig. Doch wer sich keine ehrgeizigen Ziele setze, werde es nicht schaffen. Die Kommission solle mit Konzernen ins Gespräch kommen und fragen, unter welchen Bedingungen sie nach Sachsen umziehen würden.

Damit aus Sachsens kleinen Unternehmen größere werden, will Dulig außerdem staatliche Unterstützung für Fusionen. Wenn zum Beispiel ein Firmenchef ins Pensionsalter kommt und einen Käufer für seinen Betrieb sucht, soll der Staat mit Geld aus einem Fonds das Geschäft unterstützen - nur vorübergehend als Dienstleister, wenn Banken diese Aufgabe nicht erfüllen.

In Duligs Zehn-Punkte-Plan steht auch, dass er die Zahl der Schulabbrecher bis 2020 halbieren will. Bis 2018 soll das Internet in Sachsen 50 Megabit pro Sekunde schaffen, dazu müsse der Staat investieren.

Der SPD-Spitzenkandidat betont, dass seine "wirtschaftspolitische Agenda" in Details von SPD-Forderungen abweicht. Er will zum Beispiel nicht die Stromsteuer senken, sondern lieber die Mehrwertsteuer auf die Ökostrom-Umlage. Das bringe mehr, und außerdem komme dieser Vorschlag von seinem Parteifreund Thomas Jurk. Der sei doch als Wirtschaftsminister in Sachsen von 2004 bis 2009 beliebt gewesen. Welche Ministerien die SPD für den Fall einer neuen Koalition als Juniorpartner der CDU anstrebt, will Dulig nicht sagen.

Georg Moeritz