Karl Nolle, MdL
Agenturen, dpa, 14:00 Uhr, 20.09.2014
Sachsens Grüne verlieren ihr Gesicht - Antje Hermenau schmeißt hin
Mit 5,7 Prozent haben die Grünen in Sachsen ihr Landtagswahlziel verfehlt. Auch der schwarz-grüne Kurs von Spitzenkandidatin Hermenau wird dafür verantwortlich gemacht. Als Fraktionschefin schon nicht mehr angetreten, verkündet sie nun das Ende ihrer Politkarriere.
Dresden (dpa/sn) -. Der Streit um ein schwarz-grünes Bündnis in Sachsen hat die Grünen nicht nur möglicherweise Stimmen bei der Landtagswahl gekostet, sondern auch ihr bekanntestes Gesicht. Antje Hermenau, Gründungsmitglied und langjährige Fraktionsvorsitzende im Landtag, verkündete bei einem Landesparteitag am Samstag in Leipzig überraschend ihren Rückzug aus der aktiven Politik. Die Entscheidung, keine Koalitionsverhandlungen mit der CDU aufnehmen zu wollen, sei falsch, sagte sie vor den gut 100 Delegierten. Die nahmen einen entsprechenden Beschluss des Landesparteirates dennoch mit nur fünf Gegenstimmen bei sechs Enthaltungen an.
Es sei Aufgabe der Grünen, Verantwortung zu übernehmen, sagte Hermenau. Schließlich sei die Partei mit der schwarz-grünen Option in den Wahlkampf gegangen. „Wir beschließen den Wählerauftrag derer, die uns nicht gewählt haben“, meinte die 50-Jährige. Die Grünen stellten sich als linke Partei neu auf. „Ich will mich nicht beschweren, ich will das nicht behindern. Lebt wohl!“
„Die Herausforderung, die kleinste sächsische Oppositionspartei im Landtag zu sein, ist keine mehr für mich“, sagte Hermenau. Kurz nach der Wahl hatte sie bereits auf eine erneute Kandidatur als Fraktionschefin verzichtet. Sie werde ihr Landtagsmandat abgeben und auch den Grünen-Kreisverband Dresden verlassen, der Partei aber im Kreisverband Bautzen weiter angehören, sagte Hermenau. Für sie werde Franziska Schubert aus der Oberlausitz in den Landtag nachrücken.
Vom Klima im Landesverband zeigte sie sich enttäuscht. „Ich fand die letzten zwei Jahre des persönlichen Umgangs doch sehr anspruchsvoll und bin jetzt eher geneigt, mich freundlicheren Mitmenschen zu widmen.“ Erst am Freitag habe sie ein Gewerbe angemeldet. Künftig wolle sie als politische Beraterin tätig sein.
Der endgültige Entschluss, das Mandat abzugeben, sei in den vergangenen zwei Wochen gereift, sagte Hermenau. Und mit diesem Entschluss sei sie auch nach Leipzig gekommen. „Weil ja klar war, dass dieser Parteitag gar nichts mehr zu entscheiden hat.“
Der Grünen-Landesvorsitzende Volkmar Zschocke, der Hermenau im Fraktionsvorsitz nachgefolgt war, wurde von der Entscheidung überrascht. Er bedauerte den Rückzug der erfahrenen Politikerin. „Antje Hermenau war das Gesicht der sächsischen Grünen“, sagte er. Er sei aber sicher, dass die Grünen in Sachsen viele Gesichter hätten und es auch mit der neuen Fraktion und ohne Hermenau möglich sei, die Mehrheitsmeinung der Partei umzusetzen.
Vor den Delegierten hatte er zuvor das Nein zu einer schwarz-grünen Zusammenarbeit begründet. Die Sondierungen mit der Union hätten keine Basis dafür ergeben. Als Knackpunkte nannte er erneut die Energie- und die Bildungspolitik. „Regieren ist für uns kein Selbstzweck, uns Grünen kommt es auf die Inhalte an“, sagte er.
Der Zwist um Schwarz-Grün durchzog die Parteitagsdebatte. Viele Delegierte bemängelten, dass die Diskussion um mögliche Bündnisse schon im Wahlkampf die grünen Inhalte überlagert und so zu den Stimmenverlusten geführt habe.
Die Grünen hatten bei der Landtagswahl am 31. August 5,7 Prozent der Stimmen geholt und sind künftig nur noch mit acht Abgeordneten im Landtag vertreten - einem weniger als bisher. Bis auf Eva Jähnigen sind es alles Landtags-Neulinge, inklusive der Fraktionsspitze.
CDU und SPD hatten am Freitag beschlossen, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Dem waren mehrere Sondierungsgespräche auch mit den Grünen vorausgegangen. (dpa)